Interview mit Thomas Broich

“Wir können nicht immer vier oder fünf Tore schießen”

Der alte Westschlager lockte nicht nur wie gewohnt fast 40.000 Zuschauer ins Stadion, sondern auch die geballte Trainerprominenz. Frankfurts Friedhelm Funkel war da, Schalkes Mirko Slomka nahm mit dem FC seinen nächsten Pokalgegner unter die Lupe, Aachens sportliche Leitung mit Trainer Michael Frontzeck und Manager Jörg Schmadtke gab sich die Ehre, der deutsche U21-Bundestrainer Dieter Eilts beobachtete seinen Toptorjäger Patrick Helmes und auch der derzeit joblose Jürgen Kohler war auf Fortbildung.


Spionierten auf der Tribüne: die Trainer Mirko Slomka (Schalke, li.) und Michael Frontzeck (Aachen)

Die illustren Gäste brauchten ihr Kommen nicht bereuen, bekamen sie doch ein über weite Strecken rassiges und ausgeglichenes Spiel zweier offensiv ausgerichteter Mannschaften zu sehen. Rot-Weiß Essen stellte sich dabei als das bislang mit Abstand stärkste Gästeteam in der laufenden Saison im RheinEnergieStadion vor, das seine Chance im Angriff suchte und häufig das Kölner Tor in Gefahr brachte.

Aachens Manager Jörg Schmadtke im Gespräch mit U21-Bundestrainer Dieter Eilts

Den Unterschied zu den Kölner machte einmal mehr das Fehlen eines Vollstreckers vom Kaliber eines Patrick Helmes aus. Der Topmann der Liga ließ sich auch von einem fragwürdig aberkannten Tor und einem krachenden Lattenknaller nicht aus der Erfolgsspur bringen. Seine dritte Torgelegenheit nutzte der 22-jährige Goalgetter in der 74. Spielminute zum Kölner Tor des Tages. Es war bereits sein 7. Saisontreffer im 5. Spiel. Und wie zuletzt auch musste er sich kurz darauf verletzungsbedingt auswechseln lassen. “Das nervt langsam”, bekannte er nach der Partie. “Aber ich hoffe, dass es nicht so schlimm ist wie beim letzten Mal.”

FC-Trainer Hanspeter Latour freute sich über den 1:0-Sieg und vor allem auch darüber, dass “wir ein Spiel gewonnen haben, das einmal nicht so gut losging wie die letzten Heimspiele. Wir mussten uns den Treffer schwer erarbeiten. Aber der Sieg war verdient, weil wir ein klares Chancenplus besessen haben. Wir hatten in unserer Startformation sieben neue Spieler. Bis wir unser Potenzial optimal ausschöpfen können, wird es noch einige Zeit dauern. Aber die Mannschaft kann Spiele auch mit kämpferischen Mitteln gewinnen. Sie hat Qualität, und die spielerische Klasse ist kein Zufallsprodukt.”

Thomas Broich steht symbolisch für diese spielerische Klasse. Dem aus Mönchengladbach gekommenen Mittelfeldstrategen bescheinigte Latour “ein sehr gutes Spiel”, bemängelte aber, dass er zu viel auf die rechte Seite ausgewichen sei.


Der Brühler Bilderbogen sprach nach dem Match mit dem Neuzugang.

BBB: Glückwunsch zum Sieg gegen Rot-Weiß Essen. Wie haben Sie das Spiel gesehen?
Thomas Broich: Es war eine sehr ausgeglichene Partie gegen einen starken Gegner. Das darf man nicht vergessen. Wir haben es verdient gewonnen.

BBB: Diesmal gab es kein Schützenfest wie in den ersten beiden Heimspielen.
Broich: Ja, aber das ist ja vermessen. Die Leute kommen ins Stadion und erwarten von uns, dass wir jeden Gegner mit 4:0 oder 5:0 wegfegen. Das ist doch ganz normal, dass es auch einmal ein bisschen stockt. Schlussendlich haben wir unsere Qualitäten wieder ausgespielt, ein Tor erzielt, das Spiel gewonnen. Die drei Punkte bleiben hier. Wir können nicht immer vier oder fünf Tore schießen. Die ersten beiden Heimspiele waren schön und haben Laune gemacht. Es hat natürlich auch Erwartungen geweckt. Aber ein 1:0 ist genauso viel wert.

BBB: Essen hat dem FC einen offenen Schlagabtausch geliefert. Haben Sie jetzt die Erkenntnis gewonnen, dass der 1. FC Köln auch Spiele über die kämpferische Schiene gewinnen kann, wenn es mit spielerischen Mitteln alleine nicht geht.
Broich: Absolut. Aber auch gegen Essen lagen die besseren Möglichkeiten auf unserer Seite. Wir hätten auch frühzeitiger zwei Tore machen können. Es gibt halt so Spiele wie heute, da wird es am Ende noch einmal knapp. Die wechseln dann noch einmal zwei Brecher ein. Den Arie van Lent kennen wir ja noch aus der Bundesliga. Natürlich hatten wir dann auch ein bisschen Glück.

BBB: Inwieweit müssen Sie in der zweiten Liga Ihr Spiel umstellen?
Broich: Man hat weniger Platz. Die Gegner stehen tiefer. Das war in der Bundesliga nicht immer so. Wir haben aber für Zweitliga-Verhältnisse eine sehr spielstarke Mannschaft. Deswegen läuft bei uns der Ball in guten Phasen richtig gut. Die schlechten Phasen müssen wir noch kürzer gestalten.

BBB: Ein Wort zu Patrick Helmes, der heute wieder das entscheidende Tor erzielte.
Broich: Er hat ja noch ein Tor gemacht, ein Abseitstor und noch einen Riesenschuss an den Pfosten geknallt. Der ist schon richtig gut drauf, der Junge hat einen Riesenlauf.

BBB: Der Angriff wurde neu zusammengestellt. Neueinkauf Milivoje Novakovic gab sein Debüt. Wie hat das Zusammenspiel geklappt?
Broich: Teilweise ganz gut. Es gibt sicher noch viel zu verbessern. Aber ich denke, alles in allem haben wir den Nova gut integrieren können. Er hatte selber ein paar ganz gute Möglichkeiten, hätte beinahe ein Tor aufgelegt. Ich denke, es war ganz okay.

Tobias Gonscherowski