"Wir können die Welt nicht verändern, aber positive Akzente setzen"

"Wir dienen - für eine bessere Welt" lautet das kurze und prägnante Motto aller Lions Clubs weltweit. In Brühl gibt es einen Lions Club bereits seit 1974. Mit zahlreichen Aktivitäten setzen sich die sehr aktiven Mitglieder ehrenamtlich für soziale und kulturelle Projekte ein, die sie mit größeren und kleineren Geldbeträgen und anderen Hilfeleistungen schnell und unbürokratisch unterstützen.
 

 
"Wir wollen dort helfend eingreifen, wo das soziale System unseres Staates nicht helfen kann", sagt Tom Babion, der derzeitige Präsident des Lions Club, den der Brühler Bilderbogen zusammen mit seinen Mitstreitern Gernot Creutz und Bernhard F. Schoch zum persönlichen Gespräch traf.
 
In Brühl tritt der Lions Club zwei Mal im Jahr besonders in Erscheinung: im Sommer anlässlich des vom Club zusammen mit dem Förderkreis der Musikschule organisierten "Sommerlichen Musikfestes" in der Bundesfinanzakademie und jeweils am 1. Advent eines jeden Jahres mit einem großen Zelt auf dem Brühler Weihnachtsmarkt. Dafür laufen momentan die Vorbereitungen auf Hochtouren.
 
Auch einen Slogan haben sie sich bereits einfallen lassen: "Genießen Sie Kaffee, Kuchen, Suppe und Brot, in unserem Zelt helfen Sie damit Brühlern in Not." Von 11 bis 20 Uhr werden die selbstgebackenen Leckereien angeboten. "Es wird auch ein kleines musikalisches Programm geben", verrät Bernhard F. Schoch, den Brühler bestens bekannt als Leiter der Kunst- und Musikschule der Stadt Brühl. Er war selbst 2002/03 Präsident des Lions Club und gab dann - wie es die Satzung vorsieht - sein Amt nach einem Jahr weiter. Jetzt ist er der Pressesprecher des Lions Clubs.
 
Schon einige Wochen vor Weihnachten hat der Lions Club auch die Brühler Schulen angeschrieben und einen Wettbewerb angekündigt. Gesucht werden Schüler, die sich durch ein besonderes soziales Engagement hervorgehoben haben. Dem Sieger winkt eine Prämie, auch für die Plätze zwei bis vier sind Preise vorgesehen. "Wir erhoffen uns eine positive Resonanz und wollen einen Anreiz schaffen", meint Tom Babion. "Im Zeitalter des Sozialabbaus wissen wir, dass wir die Welt nicht verändern können. Aber wir bemühen uns, punktuell positive Akzente zu setzen."
 

 
Wie alles anfing
 
Ein gewisser Melvin Jones, ein Versicherungskaufmann aus Chicago, rief im Jahre 1917 die Clubs seines "Business Circle of Chicago" dazu auf, sich mit anderen unabhängigen Clubs zu einer landesweiten Hilfsorganisation zur "Besserung der Lebensverhältnissein den eigenen Gemeinden" zu verbinden. Auf einer Versammlung am 7. Juni 1917 schlossen sich alle Teilnehmer der Idee an und vereinigten sich unter dem Namen "Lions". Schon drei Jahre später werden die ersten Lions Clubs im Ausland gegründet, erst 1951 der erste auch in Deutschland (in Düsseldorf). Heute gibt es weltweit rund 46.000 Clubs mit 1,4 Millionen Mitgliedern in 192 Ländern. In Deutschland zählt man 1.300 Clubs mit etwa 43.000 Mitgliedern. Dem Brühler Lions Club schließlich gehören 37 Mitglieder an.
 
Und was bedeutet "Lions"? Nicht einfach "Löwen", auch wenn die Tiere im in den Farben Lila und Gold gehaltenen Logo auftauchen. Lions steht vielmehr für "Liberty, Intelligence, Our Nations Safety", sinngemäß also für "Freiheit, Intelligenz im Sinne von Klugheit, Wissen, Bildung, Können, Wissenschaft oder Kultur, und die Forderung, auf sozialkritische Zukunftsfragen einzugehen". Oder vereinfacht ausgedrückt: Die Mitglieder der Lions Clubs, zumeist Persönlichkeiten aus vielen Berufen, setzen sich für den Friedenserhalt und die Freiheit ein und engagieren sich regional im eigenen Ort sozial und kulturell. Frei und inoffiziell auf deutsch übersetzt heißt es: "Lions Ist Ohne Nächstenliebe Sinnlos."
 
Den noblen Lions Clubs haftet nicht ganz zu unrecht das Image eines besonderen Clubs an. Die Anzahl neuer Mitglieder ist begrenzt, die Aufnahme in den Club erfolgt auf Vorschlag von zwei Clubmitgliedern. In der Regel sollen sie einer Berufsgattung angehören, die noch nicht von einem anderen aktiven Mitglied vertreten wird. Zur Zeit ist der Brühler Lions Club noch ein reiner Männerverein. Die Diskussion über die Öffnung des Clubs auch für weibliche Mitglieder, die andere Lions Clubs schon vollzogen haben, wird noch diskutiert. Doch noch sind die Männer bei Treffen (alle 14 Tage im Brühler Schlosskeller) unter sich. "Wir haben schon ein gewisses Niveau, das von gegenseitigem Respekt geprägt wird", sagt Bernhard F. Schoch, der seit 15 Jahren dem Brühler Lions Club angehört. "Wir sind völlig ideologiefrei und unpolitisch. Es gilt das gesprochene Wort."
 
Dabei werden die 1917 aufgestellten ethischen Grundsätze befolgt: "Behutsam in der Kritik und großzügig im Lob zu sein, aufzubauen und nicht zu verletzen." Ganz wichtig ist vor allem: "Freundschaft als Ziel und nicht als Mittel zum Zweck zu üben und in Not geratenen Menschen uneigennützig zu helfen." Wer also glaubt, sich durch eine Mitgliedschaft im Lions Club persönliche Vorteile verschaffen zu können und eigene geschäftliche Interessen vertritt, ist im Lions Club völlig fehl am Platz. "Wir wollen konkret helfen, und das ist mit Arbeit verbunden", erklärt Tom Babion, der seit vier Jahren dem Lions Club angehört und seit zehn Jahren Inhaber der Schloss Apotheke in Brühl ist.
 
Der Lions Club Brühl erwirtschaftet pro Jahr aus den eigenen Veranstaltungen etwa 15.000 Euro. Hinzu kommen weitere 15.000 Euro aus internen Spenden. Dieses Geld stiftet der Club für soziale und kulturelle Zwecke vor allem in Brühl. Das bereits zum elften Mal veranstaltete "Sommerliche Musikfest" brachte einen Reingewinn von 10.000 Euro, das komplett dem Förderkreis Musikschule Brühl zur Verfügung gestellt wurde. Der Förderkreis ermöglicht beispielsweise Kindern aus sozial schwächeren Familien den Unterricht in der Musikschule, in dem er für sie die Kursgebühren übernimmt.
 
Lions-Zelt auf dem Weihnachtsmarkt
 

 
Für die Planung der Aktionen ist der "Activity-Beauftragte" zuständig. Das ist gegenwärtig der Brühler Optiker Gernot Creutz, der vor zwei Jahren als Mitglied im Lions Club aufgenommen wurde. "Für mich ist der Club wichtig, um Erfahrungen auszutauschen. Das Engagement macht Spaß und ist mit Zeit verbunden, die ich gerne aufbringe. Und man muss dann auch mal mit anpacken. So ein Zelt auf dem Weihnachtsmarkt baut sich nicht von alleine auf", meint der Inhaber des alteingesessenen Brühler Fachgeschäfts Stöver Optik. Gernot Creutz sammelt auch die Anfragen von bedürftigen Brühlern und leitet sie an den Vorstand weiter.
 
Die Einnahmen der Aktion auf dem Weihnachtsmarkt wird zur Unterstützung von in Not geratenen Brühlern eingesetzt. Zuletzt stiftete der Lions Club einen Geldbetrag für den an Leukämie erkrankten Omid Firouzi. "Wir haben einen guten Draht zum Sozialamt", berichtet Bernhard F. Schoch. "Wenn die keine Möglichkeit mehr haben, schließen wir uns kurz. Wir können Probleme innerhalb eines Tages lösen und Geld von unserem Notfallkonto bereitstellen, um es sinnvoll einzusetzen." Auch soziale Einrichtungen im Lupinenweg oder die Brühler Montessori-Schule werden regelmäßig berücksichtigt.
 
Ein wichtiges, vom Brühler Lions Club gefördertes Projekt ist "Klasse 2000" im Rahmen von "Keine Macht den Drogen". "Wir setzen uns für Präventivmaßnahmen gegen Drogenabhängigkeit ein", sagt Tom Babion. "Wir beuftragen Fachleute, die in Schulen gehen und dort zum einen die Lehrer fortbilden und zum anderen die Schüler über die Suchtgefahren aufklären."
 
Auch globale Projekte stehen auf der Agenda. Denn jeder Lions Club ist per Satzung verpflichtet, einen bestimmten Teil seiner Einnahmen der Gesamtorganisation aller Lions Clubs abzutreten. Das Geld kommt vor allem der "Sight First Activity" zugute, die sich die Bekämpfung der vermeidbaren Blindheit zum Ziel gesetzt hat. In den letzten 15 Jahren konnten weltweit bereits mehr als 150 Millionen Euro gespendet werden, die u.a. für den Bau von mehr als 80 Augenkliniken, die Präventivbehandlung von 10 Millionen Menschen und rund 3.000 Studienplätze für Augenärzte eingesetzt wurden.
 
Lions auf großer Fahrt
 
Neben dem sozialen und kulturellen Engagement unternimmt der Brühler Lions Club mehrtägige "Präsidentenfahrten". Der Präsident sucht ein Ziel aus, dann gehen zumeist 15 bis 20 Lions mit ihrer Anstecknadel am Revers auf Tour. Die Reisen führten schon nach Sceaux zum französischen Partnerclub, nach Berlin auf Spree-Fahrt, ins Ruhrgebiet ("Tour de Ruhr") oder nach Helgoland. In diesem Jahr steht Münster auf dem Programm. Sie haben es sich verdient.
 
Tobias Gonscherowski