Jahrgang 2006
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In den Kunst- und Theaterkritiken, die Max Ernst über ein knappes Jahr von Oktober 1912 bis Juli 1913 für den Bonner "Volksmund" liefert, schreibt er am 11. Dezember 1912 in seinem Beitrag über das ,Obernier-Museum':
 
"In der Spitze der Polonaise scheint noch immer das Künstlerehepaar Hofmaler Hans Joh. Becker-Leber und Frau, beide ausgesprochene der Kunst, zu marschieren. Als ich hörte, dass er Hofmaler und weg von Bonn sei, freute ich mich rasend in der Illusion, nichts mehr von seinen faden, langweiligen Impressionen (in mattlila, mattrosa, mattblau, mattgrün) und ihren rosa parfümierten Blümchen ansehen zu müssen, die sie in der Malstunde zu malen gelernt hat. Henriette Schmidt (die 2. Dame unter den Bonner ,Künstlern') ist entweder die Verkörperung der Produktivität, oder sie hat einen Onkel in der Jury: von ihren Werken sieht man ein Dutzend oder Zwölfe, alle gleich überflüssig. Ebenso überflüssig ist Else Küstner (Dame No. 3). Ein Bild von ihr mit Feuerlilien heißt ,Auferstehung'. Mein lyrisches Gemüt! Wir haben ein echt-deutsches Naturempfinden. Echt deutsch sein, heißt mit der Postkutsche fahren, wenn die anderen im Auto sitzen. Und dann Motivmaler Asen. Ein Klosterhof ist doch noch ein wirkliches Motiv mit Gefühlen. Herrn Asen gab ein Gott die Gabe, den Klosterhof in Carden zu malen; Herrn Asens Genius drängte ihn dazu; Herr Asen wäre an explosiver Kraft, an dem inneren Schaffensdrang, der den Künstler ausmacht, zugrunde gegangen, hätte er nicht den Klosterhof in Carden ,tonig' malen dürfen. Herr Asen … möge das Museum auch dieses unsterbliche Werk des Herrn Asen kaufen!" Und im weiteren Verlauf der Kritik heißt es: "Die Skulpturen. Herr Prof. Küppers ist mit 5 Geheimräten in Bronze vertreten. Sie sind alle gut getroffen. Der innere Gott trieb Herrn Küppers, 5 Geheimräte zu bronzieren. Gisela Zitelmann (Dame Nr. 5) hat ebenfalls die Vorzüge eines photographischen Apparates. Aber Herr Karl Menser, der einen Akt vorzüglich hinsetzen kann, glaubt mit seinen literarischen Sachen, die er ,Fesseln' und ,Schuldig' nennt, überwältigend zu sein. Er hat vielzuviel von den Griechen, Michelangelo und Rodin. Er gehe zu den Negern und lerne Plastik." Im April 1913 erwähnt Max Ernst eine weitere Bronzeskulptur des akademischen Professors Albert Hermann Küppers (1842-1929), bei dem er zu Beginn seines Studiums an der Bonner Universität im Wintersemester 1910/11 einen Kurs in "Zeichnen und Modellieren nach der Natur und Antike" belegt hatte, und verspottet das Werk mit den Worten: "Man sehe im Hofgarten das geheimnisvolle Haupt- oder Lebenswerk dieses Herrn. Ein rätselvolles Wesen ohne Unterleib. Pose: Wer kriegt noch mehr ein Protokoll? Ein Genius reicht den Lorbeer."
 

Denkmal existiert heute nicht mehr

Das Simrock-Denkmal war zehn Jahre zuvor am 15. Juli 1903 eingeweiht worden und existiert heute nicht mehr. Nach der Jahrhundertwende wurde es in einer Publikation mit dem Titel ,Deutschlands Geistes-Helden, Ehren-Denkmäler unserer hervorragenden Führer auf geistigem Gebiet in Wort und Bild' aufgenommen, aus der die Abbildung stammt. Sie zeigt den Oberkörper des Porträtierten auf einem Obelisk mit Namenstafel als Sockel, wobei der Übergang durch die Gewanddraperie verschleiert ist. Die Bronzeherme hält eine Schriftrolle und einen Griffel in den Händen, während eine gewappnete Walküre, die rechts im Vordergrund steht, einen Lorbeerkranz hinaufreicht. Ein Eichenzweig, ein Schwert, ein Helm mit großem Adlerflügel und eine Harfe, die vor dem roh behauenen Granitblock am Boden liegen, charakterisieren den Dichter als Sänger altdeutscher Heldensagen. Der in Bonn geborene Karl Joseph Simrock (1802-1876), der durch seine Übertragung des Nibelungenliedes und weiterer Sagen bekannt geworden war und an der Bonner Universität gelehrt hatte, gehörte zu den im Kaiserreich geehrten Geisteshelden.
 
Dr. Jürgen Pech
 

 

 

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