"Wir wollen mit Herzblut mit den Brühlern Karneval feiern"

Als kleiner Junge besuchte Michael Assenmacher vor vielen Jahren eine Kindersitzung im Saal Neffgen. Höhepunkt der närrischen Veranstaltung war der Auftritt des Kinderprinzenpaares. "Das fand ich damals ganz toll, das wollte ich auch einmal machen", lacht er heute, gut 35 Jahre später. Nun, Kinderprinz wurde er nicht mehr. Doch sein Traum wurde doch noch wahr. Zusammen mit Bauer Felice und Jungfrau Jürgenia grüßt er in dieser Session als Prinz Michael II. die Jecken in Brühl mit einem dreifach donnernden: "Von Hätze, Bröhl Alaaf!"
 
Das diesjährige Dreigestirn stammt aus der Brühler KG "De Zuckerknöllche", die 1996 in Anlehnung an die inzwischen geschlossene Zuckerfabrik gegründet wurde und in diesem Jahr ihr 11-jähriges Jubiläum feiert. Zu den Gründungsmitgliedern zählten bereits Michael Assenmacher, der seitdem auch Präsident der Gesellschaft ist, und Felice Vitale. In Brühl-Ost herrschte damals karnevalsmäßig "tote Hose". So beschlossen einige Jecke in der Gaststätte "Zur Rheinaue" spontan aus einer Bierlaune heraus am Karnevalssamstag einen Karnevalsverein ins Leben zu rufen.
 
Seitdem hat der Verein eine rasante Entwicklung hinter sich, eine äußerst positive zudem. 2002 stellten die Zuckerknöllche den Prinz im Kinderdreigestirn, in der Showtanzgruppe tanzen mittlerweile 33 Tänzerinnen und Tänzer unter der Leitung der engagierten Trainerin Jasmin Gorke und der beiden Betreuerinnen Tina Würz und Susanne Brüsselbach. Die vielen Veranstaltungen der KG sind bestens besucht, beim letztjährigen Kostümball im Brauhausgarten Alt Brühl wurden rund 500 Jecke gezählt.
 
Doch zurück zum Dreigestirn des Jahres 2007. Nach der erfolgreichen Erstürmung residieren die Tollitäten in ihrer Hofburg im "Brühler Hof" und bereiten sich auf ihre unzähligen Auftritte in der kommenden Session vor. Es wird langsam Zeit, dass wir Ihnen die drei genauer vorstellen. Da wäre also zunächst Michael Assenmacher, der Prinz.
 
Prinz Michael II.
 
"Ich bin erst relativ spät richtig mit dem Karnevalsbazillus in Berührung gekommen, aber dafür sehr heftig", verrät er. Obwohl er bereits wie schon berichtet als Kind davon träumte, einmal Prinz zu sein, und er keiner Karnevalsfete aus dem Weg ging, trat er erst 1989 in den organisierten Karneval ein. Das heißt, er schloss sich der KG "Ölligspiefe" an, bei der er auch heute noch inaktives Mitglied ist. Dann gründete er 1996 die Zuckerknöllche und kümmerte sich als Präsident der KG fortan um das Wohlergehen des Vereins und die reibungslose Organisation der Veranstaltungen. Rasch machte er auch in den Gremien "Karriere". 1998 wurde er Beisitzer im Vorstand des Festausschuss Brühler Karneval (FBK), 2004 Vizepräsident des FBK. Jetzt krönt er als Prinz seine karnevalistsiche Laufbahn.
 
Im normalen Leben ist Michael Assenmacher, 1957 in Bonn geboren, Justizbeamter beim Amtsgericht Brühl, wo er, nebenbei bemerkt, früher auch Karnevalsfeten mitorganisiert hat. Nach seiner Ausbildung, die im August 1974 begann, und der 15-monatigen Bundeswehrzeit, arbeitet er seit 1978 als Grundbuchführer beim Amtsgericht Brühl. 1976 lernte er Simone kennen, die er zehn Jahre später heiratete. 1986 wurde Sohn Kai geboren, vier Jahre später, "in der Nacht, in der wir mal wieder Fußballweltmeister wurden", folgte Sohn Tim. Im Sommer feiert er seinen 50. Geburtstag, bei dem sicher auch Felice Vitale anwesend sein wird, der Bauer.


 
Bauer Felice
 
Der Senior des Dreigestirns erblickte 1952 in Cinisi, einer idyllischen Kleinstadt in der Nähe von Palermo auf Sizilien das Licht der Welt. Er wuchs mit vier Geschwistern in einer Großfamilie auf, sein Vater war Bauer (!), die Mutter für ihr selbstgebackenes Brot weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt. Doch so schön die Jugend war mit Schwimmen im nahen Meer oder Klettertouren durch die genauso nahen Berge, viel Arbeit gab es nicht. So folgte Felice nach seiner Maurerlehre dem Ruf einiger Freunde, die bereits in Deutschland waren und fand einen Job in Brühl. 1970 war das, da war er gerade einmal 18 Jahre alt. Nach und nach erlernte er die deutsche Sprache und fand Anschluss. Der Karneval begeisterte ihn, war aber auch nichts gänzlich Neues für ihn, da auch auf Sizilien ähnliche Kostümfeste in der fünften Jahreszeit gefeiert wurden. Nach seiner Maurertätigkeit entdeckte er endlich seine "wahre Berufung". "Maschinen! Genau genommen Raupe und Bagger. Es gibt in Brühl kaum eine Straße, in der ich nicht schon mir meinem Bagger gearbeitet habe", erzählt Felice Vitale, der inzwischen nach einer Krankheit Frührentner ist.
 
1976 hatte der begeisterte Tänzer sich endgültig mit dem Karnevalsvirus infiziert. Er werkelte an seinem ersten Karnevalswagen mit und ging auch mit der Gruppe "de Familisch" im Zug mit. 1996 gehörte er mit seiner Frau Henny zu den Geburtshelfern der Zuckerknöllche und war in den ersten Jahren auch deren Vizepräsident. Felice Vitale wollte auch immer einmal in einem Dreigestirn mitmachen, schon allein deshalb, "weil mir die farbenfrohen Ornate immer sehr imponiert haben". Da feststand, dass Michael Assenmacher den Prinzen geben würde, entschied er sich für die Rolle des Bauern. Als Jungfrau hatten sich die beiden einen anderen auserkoren: Jürgen Mindt.
 
Jungfrau Jürgenia
 
Seit 2001 ist Jürgen Mindt Mitglied bei den Zuckerknöllchen. Kurz darauf übernahm er auch schon den Posten des Geschäftsführers des Vereins. Als echter kölsche Jung steht Jürgen Mindt dem Karneval selbstredend ganz nahe. "So richtig in ihren Bann gezogen hat mich die fünfte Jahreszeit mit dem Beitreten in das Männerballett "Geyener Stadtpöppche" in Pulheim-Geyen", blickt er zurück. "Als verkleidete rothaarige Schönheit (Körbchengröße 75 B) tanzte ich von 1991 bis 1993 durch so manche Zelte und Säle."


 
Jürgen Mindt kam 1960 in Köln-Nippes auf die Welt und verbrachte seine Kindheit mit seinen vier Brüdern in Brauweiler. Übrigens ist einer der Brüder auch karnevalistisch aktiv und steigt als "Heinemann" beim Großen Kostümball der Zuckerknöllchen am 17. Februar erstmals in die Bütt. Nach der Schule absolvierte Jürgen Mindt 1977 getreu dem Motto "en Pößje bei der Poß, dat is immer jot" eine Ausbildung als Beamter im mittleren Postdienst. 1985 wechselte er seinen Dienstherren und wurde beim Bundesamt für Zivildienst in Köln als Regierungsbeamter in der Personalabteilung eingestellt. 1991 heiratete er seine damalige Ehefrau Angelika, Sohn Dennis wurde 1993 geboren. Nach seiner Scheidung lebt er seit 2000 mit seiner Lebensgefährtin Anette Schwarz und Sohn Dennis im Eigenheim in Badorf zusammen. "Für unsere Zeit als Dreigestirn wünsche ich mir eine elektrisierende Session, wo nicht Strom, sondern der Funke an Frohsinn, Spaß und Zusammenhalt an alle Bröhlsche Jecke überspringen möge."
 
Und der Prinzenführer Karl-Heinz Becker
 
Wie bereits in den Vorjahren achtet der Prinzenführer Karl-Heinz Becker genauestens darauf, dass das Dreigestirn bestens vorbereitet in die Session geht. "Opa Kalle", wie ihn die Tollitäten liebevoll rufen, kennt den Karneval seit über vierzig Jahren. Er betreute elf Jahre lang die Brühler Kinderdreigestirne und in den letzten sechs Jahren "die Großen". Der Träger des Verdienstordens der Stadt Brühl hält sich sympathisch bescheiden im Hintergrund: "Wichtig ist das Dreigestirn, ich bin nur eine Randfigur." Dabei organisiert er den Ablauf der rund 125 Sessionsauftritte, viele andere Begegnungen und vieles mehr. Kurzum: Ohne Karl-Heinz Becker läuft gar nichts.


 
Prinz Michael II., Bauer Felice und Jungfrau Jürgenia freuen sich jetzt einfach nur noch auf die kommenden Wochen. "Wir wollen mit Herzblut ausgelassen mit den Brühlern Karneval feiern und Spaß am Leben haben", sagen sie unisono. Getreu ihrem Motto: "Mit Strom, Power und Energie feiern wie 'ne Session wie noch nie." Das Karnevalsmotto entstand in Würdigung der Tatsache, dass die Stadtwerke Brühl in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiern und in den letzten Jahren den Brühler Karneval immer großzügig unterstützt haben. Zu den wichtigsten Sponsoren gehört auch die Renault AG, die zum 34. Mal dem Dreigestirn einige Fahrzeuge zur Verfügung stellen.
 
Ohne Sponsoren geht nicht viel, ohne die Unterstützung der Frauen geht es gar nicht. "Sie stehen hinter uns, gehen mit uns durch dick und dünn", sagt Felice Vitale. "Sie sind immer dabei, und wir sind verdammt stolz auf sie." Jetzt kann es endlich losgehen. "Wir freuen uns auf den Kontakt mit den Menschen, auf die herzlichen Empfänge, auf den Zug", meint Jürgen Mindt. Das Schlusswort gebührt dem Prinzen: "Wir freuen uns einfach auf alles, was auf uns zukommt."
 
Tobias Gonscherowski