Jahrgang 2008
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„Eine Republik rollt in Brühl den Teppich aus”

Ab dem 12. März wird im Brühler Schloss Augustusburg die Ausstellung „Eine Republik rollt den Teppich aus, Staatsempfänge auf Schloss Augustusburg 1949-1996“ gezeigt. Ein Jahr lang haben Christiane Winkler und ihr Team die umfangreiche Ausstellung vorbereitet, die bis zum 10. August zu sehen ist. Wir haben uns mit der Kunsthistorikerin des Schlosses Augustusburg rund zwei Wochen vor der Eröffnung getroffen.

 

BBB: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Ausstellung über die Staatsempfänge auf Schloss Augustusburg in Angriff zu nehmen?

Christiane Winkler: Die Idee lag auf der Hand. Während der Führungen durchs Schloss stellen die Besucher immer wieder Fragen zu den Staatsempfängen. Sie wollen etwa wissen, wo die Queen stand, oder wo das Staatsbankett stattfand. Da haben wir beschlossen, zu diesem Thema eine Ausstellung zu machen. Wir wollten einen Blick hinter die Kulissen wagen. Dabei haben wir dann sehr schnell gemerkt, dass das eine richtig große Sache wird und es nicht damit getan ist, ein paar Bilder und Schautafeln auszustellen. Wir haben dann beschlossen, wenn wir es schon machen, dann richtig. Zum Teil haben wir mit neun Mitarbeitern an der Ausstellung gearbeitet. Es war weitaus aufwändiger, als wir zunächst angenommen hatten. Bei den Recherchen haben wir festgestellt, dass dieses Thema noch nicht bearbeitet wurde und bereits Geschichte ist. So komisch das für viele klingen mag, aber die Bonner Republik ist abgeschlossene Geschichte.

 

BBB: Was ist das Besondere an der Ausstellung? Was wird gezeigt?

Winkler: Für die einen ist die Bonner Republik noch eine real erlebte Zeit. Viele Brühler Bürger standen noch Fähnchen schwenkend am Straßenrand. Für die Teenager ist das aber schon alles ganz weit weg. Wir wollen diese Ereignisse atmosphärisch erlebbar machen. Wir haben uns zusammen mit dem Düsseldorfer Fotokünstler Ansgar van Treeck einiges einfallen lassen. Das Medium Fotografie wird teilweise anders eingesetzt. So werden die bisherigen Bundespräsidenten zum Beispiel in Lebensgröße präsentiert. Ein anderes Motiv wird im Formal 5-x-5-Meter auf Stoff gezogen. Wir haben „singende Bilder“ und vieles mehr. Ein besonders Prunkstück der Ausstellung ist ein Mercedes 600 Pullmann, der im Vestibül zu bewundern sein wird. Auch Motorräder, die so genannten „weißen Mäuse“, werden gezeigt. Selbstverständlich haben wir auch ein Bankett nachgestellt und einen gedeckten Tisch vorbereitet inklusive Menükarte. Es gibt weiterhin Lesemappen, politische Unterlagen und viele weitere interessante Details.

 

BBB: Die Zeit der großen Staatsempfänge in Brühl ist vorbei. Hat sich damit die große Politik aus Brühl verabschiedet?

Winkler: Nicht ganz. Einmal im Jahr findet hier das Sommerfest der Landesregierung Nordrhein-Westfalen statt. Dem Land gehört bekanntlich das Schloss. 1996 fand in Schloss Augustusburg der letzte Staatsempfang statt. Der rumänische Präsident war damals zu Gast. Seitdem begrüßt der Bundespräsident seine Gäste im Berliner Schloss Bellevue. Wir haben vom Bundespräsidialamt einen Film bekommen, in dem zu sehen ist, wie Staatsempfänge heute ablaufen. In unserem Medienraum wird dieser Film gezeigt. Staatsbankette sind ja kein gemütlicher Ausklang eines Arbeitstages, sondern die Gelegenheit, viele Persönlichkeiten zusammen zu bringen. Sie sind wichtig für die zwischenstaatlichen Beziehungen. Entsprechend viel Arbeit ist es auch immer, die Gästeliste zu erstellen. Kurz nach dem Krieg ging es Deutschland darum, in aller Gastfreundschaft zu demonstrieren, dass das Land eigenständig und eine ernst zu nehmende Demokratie war. Früher wurde darüber noch groß berichtet, heute bekommt man es kaum noch mit.

 

BBB: Sie hatten vor einem Jahr die Brühler Bürger aufgerufen, sich bei Ihnen zu melden und von ihren persönlichen Begegnungen zu erzählen. War der Aufruf erfolgreich?

Winkler: Ja, die Resonanz war sehr erfreulich. Viele Brühler haben uns ihre persönlichen Erinnerungen berichtet. Einige lustige Erlebnisse haben wir auch in unserem Ausstellungskatalog veröffentlicht, zum Beispiel die Geschichte des Brühler Pfarrer Schmitthals, an dessen Haustür es einmal spätabends klingelte. Vor ihm standen ein Herr im schwarzen Anzug und ein Polizist. Sie waren auf der Suche nach einer Bibel, weil Bundespräsident Richard von Weizsäcker und sein Gast, der damalige israelische Präsident Chaim Herzog, sich bei einer Diskussion über eine Bibelstelle nicht einig waren. Und im ganzen Schloss gab es keine Bibel, um die Frage zu klären. In einem anderen Beitrag berichtet Mika Berboth, wie es ihm gelang, ohne Einladung an einem Empfang im Schloss teilzunehmen und sich am Buffet zu laben. Andere Gespräche haben wir aufgezeichnet und eine „Hörstation“ eingerichtet. Da können die Besucher der Ausstellung aus erster Hand viele unterschiedliche Perspektiven kennen lernen. Auch der frühere Brühler Bürgermeister Wilhelm Schmitz hat uns viel Material zur Verfügung gestellt. Ebenso das Archiv der Stadt Brühl.

 

BBB: Sie haben den Katalog angesprochen. Wie umfangreich ist das Werk ausgefallen?

Winkler: Zur Ausstellung ist ein großartiger, fast 300 Seiten umfassender und reich bebildeter Katalog erschienen, erstmals in der Geschichte des Brühler Schlosses übrigens auch in einer englischen Ausgabe. Er kostet 19,90 Euro. Wir haben viele interessante Begebenheiten zusammengetragen und auch auf frühere Epochen zurück geblickt. Das Schloss wurde ja seinerzeit genau für diese Zwecke als Repräsentationssitz gebaut.

 

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