„Wir waren Vorreiter in Deutschland”

Mit Beginn des neuen Schuljahres verstärkt die Brühler Kinderunfallkommission wieder ihre Bemühungen für eine größere Verkehrssicherheit in Brühl. Mit zahlreichen Aktionen sollen die Öffentlichkeit und die Kinder für dieses wichtige Thema sensibilisiert werden. Wir haben uns mit Hartwig Bosseler, dem Leiter der Kinderunfallkommission unterhalten.

BBB: Herr Bosseler, im September finden in der Innenstadt wieder eine Reihe von spannenden Veranstaltungen statt. Auch die Kinderunfallkommission stellt ihre Arbeit vor. An wen richten sich ihre Angebote?

Hartwig Bosseler: Wir wenden uns mit unseren Angeboten an zwei Zielgruppen: die Öffentlichkeit und die Schulen. Deshalb veranstalten wir vom 12. bis 23. September Verkehrssicherheitstage in Brühl und sind dabei auch u.a. mit Ständen der Kinderunfallkommission bei zwei größeren Veranstaltungen vertreten. Einmal auf dem Agendamarkt am 12. September, zum anderen auf dem Fahrrad- und Mobilitätsfest am 19. September, bei dem wir auch einige weitere Attraktionen und Informationen anbieten. Auf dem Franziskanerhof werden wir einen Fahrradparcours zum Üben aufbauen. Alle Kinder, die ihn bestehen, bekommen eine Urkunde. Außerdem stellen wir das „Jumicar“ vor, ein Kraftstoffbetriebenes Auto für Kinder. Die Deutsche Verkehrssicherheitswacht zeigt einen Überschlagsimulatoren. Das alles sind Aktionen für die Öffentlichkeit.

BBB: Und welche Aktionen sind für die Schulen geplant?

Bosseler: Für die Schulen und ihre Schülerinnen und Schüler haben wir weitere Aktionen geplant. Im Kapitelsaal des Rathauses wird eine „Black Box“ aufgebaut, mit der den Kindern klar gemacht wird, wie wichtig es ist, dass sie im Straßenverkehr gesehen werden. Wir werden ferner vor dem Rathaus einen LKW stellen, mit dem wir die Aktion „Toter Winkel“ demonstrieren. Eine ausgebreitete Plane zeigt den Kindern, wie groß die Fläche des toten Winkels ist und wie eingeschränkt ein LKW-Fahrer sehen kann. Und schließlich beschäftigt sich das „Theater Till“ vom 21. bis 23. September in der Galerie am Schloss in seinem Stück „Abgeschnallt“ mit dem Thema „Anschnallen“. Ich möchte mich an dieser Stelle besonders bei Monika Noethen bedanken, die bei der Planung und Durchführung der Veranstaltungen eine sehr große Hilfe ist.

BBB: Was steckt hinter der Kinderunfallkommission? Welches sind ihre Aufgaben und Ziele?

Bosseler: Die Kinderunfallkommission besteht bereits seit über zehn Jahren. Auslöser war, dass die Stadt Brühl damals in der Kinderunfallstatistik, die Kinder bis 14 Jahre erfasst, trauriges Schlusslicht im Rhein-Erft-Kreis war. Deshalb wurde die Kinderunfallkommission in Zusammenarbeit mit der Polizei, dem Kinderschutzbund und dem ADFC gegründet, die zweimal im Jahr tagt. Wir gucken uns im Rahmen einer Bereisung alle Unfallstellen in Brühl an und überlegen, was zu tun ist. Daran beteiligen sich auch unsere Fachleute vom Ordnungsamt, vom Tiefbauamt oder vom Stadtservicebetrieb, dem früheren Betriebshof. Manchmal lassen sich durch einfache Maßnahmen gefährliche Stellen entschärfen. Wir haben etwa Fußgängerüberwege mit blauweißen Ronnen besser sichtbar gemacht, wir haben Bürgersteige verbreitet, zusätzliche Lampen installiert oder Bäume oder Büsche zurückgeschnitten. Wir stellen für einige Wochen Geschwindigkeitsmesstafeln auf. Aber eins ist auch klar: Die Kinderunfallkommission ist kein juristisches Instrumentarium. Es ist eine freiwillige Einrichtung, die auf der Konsensebene arbeitet.

BBB: Das bedeutet, dass sie nicht Maßnahmen zwingend veranlassen kann. Wie hat sich die Arbeit der Kinderunfallkommission auf die Unfallzahlen ausgewirkt?

Bosseler: Das ist schwer zu sagen, denn wir erfassen ja nur die tatsächlichen Unfallzahlen. Wir können nicht in Zahlen belegen, dass Maßnahmen Unfälle verhindert haben, was die Statistik noch weiter verbessern würde. Aber die Unfallzahlen waren seit Gründung der Brühler Kinderunfallkommission in den weiteren Jahren rückläufig. 2007 war ein besonders gutes Jahr. Wir waren damals Vorreiter in Deutschland. Seitdem sind viele Städte unserem Beispiel gefolgt. Auch etwa der Verkehrsverbund-Rhein-Sieg, bei dem der ehemalige Brühler Mobilitätsbeauftragte Theo Jansen inzwischen arbeitet, hat unser Model übernommen. Letztes Jahr wurde die Brühler Unfallkommission in Münster vom NRW-Innenminister Dr. Ingo Wolf mit dem Landespreis für innere Sicherheit „Netzwerke für öffentliche Sicherheit und Ordnung – Ordnungspartnerschaften in NRW“ ausgezeichnet. Darauf sind wir sehr stolz.

BBB: Das neue Schuljahr hat gerade begonnen. Was unternimmt die Stadt Brühl, um die Sicherheit der Kinder zu erhöhen?

Bosseler: Zum Schuljahresbeginn werden die Kinder im Rahmen der Schulwegssicherung auf ihrem Weg in die Schule begleitet und auf die Gefahren im Straßenverkehr aufmerksam gemacht. Außerdem stattet die Stadt Brühl die Kinder mit Reflektionskragen aus. An den Schulen werden auch zu Beginn der dunkleren Jahreszeit wieder Fahrradsicherheitschecks durchgeführt. Gerade haben wir auch den Fahrradcontainer modernisiert, mit dem wir über das ganze Jahr verteilt die Brühler Schulen besuchen werden.

Zur Person

Hartwig Bosseler ist 50 Jahre alt und arbeitet seit 1978 in der Verwaltung der Stadt Brühl. Nach Stationen u.a. im Ordnungsamt, im Hauptamt oder als persönlicher Referent des Stadtdirektor Dr. Wilhelm Schumacher ist er nun im Ordnungsamt Koordinator für kommunale Sicherheit und Verkehr. Seit einem Jahr leitet Hartwig Bosseler auch die Brühler Kinderunfallkommission.

Hartwig Bosseler ist verheiratet, Vater einer 13-jährigen Tochter und lebt in Erftstadt. In seiner Freizeit unternimmt er gerne mehrtägige Segeltörns.