Jahrgang 2009
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„Die Einzelhandelsförderung muss intensiviert werden“

Dieter Freytag kandidiert erstmals für das Amt des Bürgermeisters. Seit 1972 ist der Vater von sechs Kindern Mitglied der SPD, von 1979 bis 1990 war er Ratsmitglied. Nach seiner Wahl zum Kämmerer der Stadt Brühl im Jahr 1990 schied der heute 54-Jährige aus dem Rat aus und kümmert sich seitdem um die Finanzen der Stadt Brühl. Er ist als Dezernent außerdem für den Fachbereich Jugend, Frauen und Soziales zuständig.

Dieter Freytag

 

BBB: Herr Freytag, wie fällt Ihr Fazit der letzten fünf Jahre in Brühl aus?

Dieter Freytag: Es war eine durchwachsene Zeit. Es gab gute Erfolge. Ich denke etwa an die von der SPD initiierten Maßnahmen für eine bessere Integration. Ein Integrationsworkshop fand statt, die Integrationsbeauftragte wurde ernannt. Ich nenne die Initiative „Soziale Stadt Vochem“ und die familienpolitischen Maßnahmen im Rahmen des Bündnisses für Familien, das auf einen SPD-Antrag zurückgeht. Die Stadt Brühl hat ein Kinderbüro eingerichtet, die Betreuung für Kinder unter drei Jahren ausgebaut. Das Thema Mehr-Generationen-Haus ist jetzt besser in den Köpfen verankert. Gut gelaufen sind Themen, die die Jugend betreffen, wie der Bau des Jugendzentrums „Cultra“ oder der Ausbau der Offenen Ganztagesschulen. Der Bau der BTV-Halle und die Sanierung des Schlossparkstadions sind gut für den Sport. Aber es sind auch einige Dinge nicht gut gelaufen. Ich denke da an die Organisations-Untersuchung in der Verwaltung durch ein externes Beratungsunternehmen. Mit Sorge sehe ich die Einzelhandelsentwicklung und die Wirtschaftsentwicklung insgesamt. Dies betrifft die Wirtschaftsförderung der Stadt Brühl: Die schwierige Situation der Kölnstraße war nach Eröffnung der Giesler-Galerie vorhersehbar. Eine ähnliche Entwicklung droht dem Balthasar-Neumann-Platz, doch da gibt es eine dankenswerte Initiative der dortigen Einzelhändler. In der Kölnstraße hat Derartiges bislang nicht funktioniert, da müssen die Händler noch tätig werden.

 

BBB: Wo setzt die SPD die Wahlkampfschwerpunkte?

Freytag: Das Thema demographische Entwicklung ist mir wichtig. Heute werden Entscheidungen getroffen, die das Bild der Stadt Brühl in 15 und mehr Jahren prägen. Es ist nicht entscheidend, ob Brühl dann 41.000 oder 45.000 Einwohner hat. Wichtiger ist, dass die Anzahl der unter 20-Jährigen von jetzt 8.700 auf 6.500 sinken und die Zahl der über 80-Jährigen stark zunehmen wird. Wenn weniger Kinder betreut werden müssen, werden Mittel frei, die ich in die Verbesserung der Bildung und Ausbildung investieren möchte. Beispielsweise können dann die Klassenstärken von 25 auf 20 Kinder verringern und diese dann besser fördern. Ich habe da den Begriff der „Demographie-Dividende“ geprägt. Aktuell hat die SPD unter dem Motto „Soziale Stadt“ einige wichtige Punkte zusammengefasst. Ich möchte die Infrastruktur für ältere Menschen verbessern, geeignete Wohnformen und Betreuungsmaßnahmen vorschlagen. Ein wichtiges Thema sind auch die Arbeitsplätze. Ich werde die Arbeitgeber, die Arbeitsplätze schaffen, unterstützen. Deshalb unterstütze ich eine abgespeckte Erweiterung des Phantasialandes unter weitgehender Schonung der Natur und der Anwohner. Das bisherige Verfahren ist ein Beispiel dafür, wie Wirtschaftsförderung nicht funktioniert. Da muss schleunigst nachgearbeitet und für Rechtssicherheit gesorgt werden. Die Einzelhandelsförderung muss intensiviert werden. Ich werde vorhandene Gewerbeflächen besser vermarkten. Außerdem möchte ich den Dialog mit den Bürgern vertiefen, sie in wichtige Entscheidungen wie die über die Zukunft des Belvedere einbeziehen.

 

BBB: Mit welcher Koalitionsaussage geht die SPD in den Wahlkampf?

Freytag: Mit keiner. Koalitionen sind auf kommunaler Ebene weniger ausgeprägt. Ich habe bereits Gespräche geführt, dies werde ich fortsetzen. Als Bürgermeister ist es mir wichtig, dass alle guten Anregungen beachtet und sachlich und fair beurteilt werden.

 

BBB: Was kann die Politik für den Wirtschaftsstandort Brühl tun?

Freytag: Die Menschen brauchen Arbeitsplätze. Ein erster Schritt: Die Flächen, die die Stadt Brühl besitzt, werden vermarktet und für Gewerbeansiedlungen angeboten. Die Stadt besitzt Flächen an der Immendorfer Straße, im Bereich Nord II und an anderen Stellen. Seit Jahren passiert beim Margaretenhof nichts, obwohl die Anwohner längst umgesiedelt und die Häuser abgerissen wurden. Als ich vor 10 Jahren als Dezernent für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung zuständig war, haben wir innerhalb von zwei Jahren erfolgreich das Gewerbegebiet Nord II um die Hamburger Straße mit einer Gesamtfläche von 10 ha hochgezogen.

 

BBB: Was sollte Ihrer Meinung nach mit den Geldern aus dem Konjunkturprogramm des Bundes geschehen?

Freytag: Es gibt einen weitgehenden Konsens in Brühl, dass Schulen und andere städtische Gebäude energetisch saniert werden. Dadurch werden zudem in den kommenden Jahren Energiekosten eingespart und künftige Haushalte entlastet.

 

BBB: Wie bewerten Sie die gegenwärtige Situation des Brühler Einzelhandels und speziell die Situation der Kölnstraße?

Freytag: Ich kenne die Situation des Einzelhandels gut. Ich habe fast zehn Jahre als Vertreter der Stadt Brühl im WEPAG-Vorstand mitgearbeitet. Brühl hat Flair und gute Voraussetzungen, in anderen Städten ist die Situation schlimmer. Gleichwohl werde ich einen runden Tisch ins Leben rufen und nach Fördermöglichkeiten suchen. Wir haben in Brühl eine sehr aktive Künstlerszene. Denkbar wäre es, wenn Künstler in leerstehenden Räumlichkeiten vorübergehend ihre Kunst ausstellen könnten. Das hat es bereits in der Carl-Schurz-Straße gegeben. Ich werde mit potenziellen Unternehmen sprechen, die Banken einbeziehen und für mehr Kreditvergaben an Neugründer mit tragfähigen Konzepten werben. Dabei muss an die – vertretbare – Risikobereitschaft der Banken appelliert werden. Die Stadt kann da nicht eingreifen. Die rechtlichen Möglichkeiten sind beschränkt. Wir müssen aber aufpassen, dass nicht noch mehr inhabergeführte Geschäfte wie zuletzt Dörstel, Kamphausen, Feuser und Wichterich verschwinden und durch Filialisten ersetzt werden. Da tragen auch die Unternehmer eine Verantwortung. Wenn die Innenstädte austauschbar werden, ist das fatal für die Brühler Stadtentwicklung.

 

BBB: Was wurde vernachlässigt?

Freytag: Die Situation um den Margaretenhof habe ich bereits angesprochen. Im Bereich der Verkehrssicherheit gibt es Mängel, die Situation auf der Kölnstraße und um die Giesler-Galerie muss verbessert werden. Ich möchte den Verkehrsdurchfluss auf der Römerstraße durch Kreisverkehre erhöhen und damit die Belastungen für die Anwohner begrenzen. Die Stadt hat zu wenig für die Unterhaltung der Fahrradwege getan und muss dort etliche Schlaglöcher beseitigen. Ich werde mich auch für eine Erweiterung der Fahrradstation einsetzen.

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