„Erstes Brühler Bankenviertel soll ein großer Spaß werden“
Gabriele Vorbrodt war wieder kreativ. Die Brühlerin hat ein Kunstprojekt ins Leben gerufen, das in den kommenden Wochen und Monaten äußerst spannend zu werden verspricht: „Das erste Brühler Bankenviertel“, kurz EBB. Dabei geht es um Sitzbänke, Wortspiele, Aktienverkäufe, ein Sommerbankett und noch viel mehr. Wir haben uns mit der Künstlerin über ihr bis Ende November angelegtes Kunstprojekt unterhalten.

Jeder Pendler hat diese Erfahrung schon gemacht, viele Parkbesucher auch. In der modernen Welt verkümmert die Kommunikation der Menschen untereinander zusehends. Viele fahren täglich mit dem gleichen Zug zur Arbeit, begegnen dabei bekannten Gesichtern von Menschen, von denen sie nichts wissen. Man teilt seine Zeit, aber man spricht nicht miteinander. Im Zug, im Bus, in der Straßenbahn, auf der Parkbank. Übers Smartphone kommuniziert man mit der ganzen Welt, aber die Person, die zwei Meter von einem entfernt sitzt, ist einem fremd.
So kam Gabriele Vorbrodt die Idee, zehn Parkbänke, die als Rohlinge von der Giesler-Galerie gestiftet wurden, von Künstlern umgestalten zu lassen und dauerhaft in Brühl im öffentlichen Raum aufzustellen. Die Stellplätze werden gemeinsam mit der Stadt und dem Künstler ausgewählt. „So werden neue Orte der Kunst für zwischenmenschliche Begegnungen geschaffen“, hofft Gabriele Vorbrodt. Im Idealfall kommen die Benutzer der Bänke über ihre ungewöhnliche Sitzgelegenheit miteinander ins Gespräch. „Bänke laden zum Verweilen ein, zum Ausruhen, zur Entspannung und zur Kommunikation“, glaubt die Künstlerin, vor deren Atelier in der Hermannstraße 36 auch eine Bank steht.

Ein Jahr lang dreht sich nun also nicht nur dort, sondern auch an anderen ausgewählten Orten Brühls, aber auch im Netz alles um „Bank-Installationen“ und „Bank-Erlebnisse“. Es wird kreativ rund um den Begriff „Bank“ gearbeitet. „Für die Entstehung und Umsetzung wird natürlich Geld benötigt“, weiß Gabriele Vorbrodt. „Was liegt also näher, als bei einem Bankkunstprojekt Aktien zu verkaufen – und zwar nach dem Prinzip des Crowdfunding – Kunstaktien, deren Eigentümer nun Bestandteil des Kunstprojektes werden. Die Aktien werden zum Stückreis von 20 Euro verkauft. Sie werden numeriert und sind fälschungssicher. Dividenden und Ausschüttungen gibt es jedoch keine, aber jeder Aktienbesitzer kann mit Stolz von sich behaupten, Miteigentümer dieser Kunstbänke zu sein. Das Kunstprojekt geht sozusagen an die Börse.“

Denn mit dem Erlös durch die Aktienverkäufe werden die entstehenden Kunstwerke, sprich die Bänke, finanziert. Für die Künstler steht dann Geld bereit, damit sie u.a. die für die Gestaltung erforderlichen Materialien kaufen können. Interessierte Künstler sollen sich mit Konzepten für eine Bankgestaltung bei Gabriele Vorbrodt melden. „Bei dem Projekt geht es nicht um Gewinnoptimierung, sondern um Gemeinsamkeit, Kunst, Arbeit, Werterhaltung und -schaffung, aber auch um Spaß“, erklärt Gabriele Vorbrodt. „Es geht darum, den Banknachbarn kennenzulernen, nicht nur den, der im Haus neben mir wohnt, sondern auch weit über den eigenen Gartenzaum hinaus.“ Auch der Brühler Bürgermeister Dieter Freytag ist von der Idee begeistert, er übernahm die Schirmherrschaft.
Der Startschuss für das Projekt ist gefallen, die erste Kunstbank ist konkret in Planung, die Bank in Auftrag gegeben. Wenn alles gut läuft, wird sie schon im März ihrer Bestimmung übergeben. Der Streetart-Künstler Matthis Strafmass aus Aachen will sein Werk auf dem öffentlichen Spielplatz in der Bonnstraße aufstellen. Damit alles seinen ordnungsgemäßen Gang gehen kann, müssen auch eine Reihe von Auflagen beachtet werden, denn man kann nicht einfach so im öffentlichen Raum in Brühl oder anderswo Bänke aufstellen. Genehmigungen müssen vorliegen, die Bänke sachgerecht montiert, aufgestellt und später gepflegt werden. Es entstehen weitere Kosten, die nicht von der Stadt getragen werden. Auch gibt es keinen Festpreis für die Aufstellung einer Bank. An welchen Stellen Bänke platziert werden, steht noch nicht fest, Anregungen aus der Bevölkerung, wo eine Bank nötig wäre oder eine alte, verrottete ersetzt werden könnte, sind immer willkommen.

Mitmachaktionen geplant
Um auf das lobenswerte Projekt aufmerksam zu machen, plant Gabriele Vorbrodt eine Reihe von Mitmachaktionen. Eine davon ist beispielsweise „Donnerstag ist Bankentag“. Anfang Februar machte die Künstlerin vor ihrem Atelier in der Hermannstraße den Anfang und unterzog ihrer dort stehenden Bank dem „Bankenstresstest“. Jeden Monat wird es eine weitere Aktion mit der Bank geben. Geplant ist, dass Menschen in ganz Brühl jeden Donnerstag von morgens 8 Uhr bis spätestens 22 Uhr Bänke aufstellen, ganz egal, ob gestaltet oder nicht. „Wichtig ist, dass dies mit mir abgesprochen wird, weil ich es dem Ordnungsamt der Stadt Brühl anzeigen muss“, erklärt Gabriele Vorbrodt. „Durch die Vergabe eines Stempels vom EBB werden die Bankaktionen gekennzeichnet. Schön wäre es, wenn man donnerstags sagen könnte: Lasst uns ins Brühler Bankenviertel gehen.“ Die Leute sollen sich von der Idee anstecken lassen und mit schrägen Ideen mitmachen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Von einer ganzen Reihe Brühler Kunstschaffenden gab es auf diese Aktion bereits positives Feedback, Ulrike Uhlmann, Judith Klein, Ulrike Zavelberg, Günter Wagner und Frank Oehlmann wollen sich beteiligen. „Es soll ein großer öffentlicher Spaß werden“, sagt die Initiatorin, die sich gut Wortspiele mit dem Begriff „Bank“ vorstellen kann. Im Angebot hätte sie Bankgeheimnis, Bankenrettungsschirm, Folterbank, Samenbank, Schlachtbank, Bankautomat, Sonnenbank, Parkbank, Datenbank, Werkbank, Bankraub, Sitzbank und tausend andere Varianten und Wortspiele.

Das große Sommerbankett in der Hermannstraße

Wieder einmal hat die Brühler Künstlerin eine Aktion angestoßen, der ein Erfolg sehr zu wünschen wäre. In der Vergangenheit hat Gabriele Vorbrodt, die auch durch ihr „Offenes Atelier Brühl“ bekannt ist, immer wieder interessante Denkanstöße und Kunstaktionen initiiert. In Erinnerung sind vor allem „Liebeserklärung an unsere Stadt“, „Nachtisch zuerst“ auf dem Belvedere, „Kunst in Abrissekstase“, „Kein Raum für Kunst“, „12auf15“, das „Rote Sofa“ und viele mehr geblieben.

Die zweite Idee für eine Mitmachaktion bei ihrem aktuellen Projekt heißt „Bankselfies“. Alle Brühler sind aufgefordert, der Künstlerin Bankselfies zu schicken mit ihren ganz eigenen Bankerlebnissen. „Diese werden auf der Internetplattform des Kunstprojektes veröffentlicht“, sagt Gabriele Vorbrodt. „Auch hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Man kann mir die Bilder per E-Mail senden oder selbst auf der Facebookseite Erstes Brühler Bankenviertel hochladen.“

Im Sommer plant Gabriele Vorbrodt „das große Sommerbankett“. Es soll der Versuch eines Straßenfestes werden, in Anlehnung an die großartigen Straßenfeste in der Hermannstraße, die es bis 1996 dort gegeben hat. Hierzu will die Künstlerin noch alle Bewohner der Hermannstraße gezielt ansprechen, um Aktivitäten und ein Rahmenprogramm zu gestalten. Mit all diesen Aktionen will Gabriele Vorbrodt ihr Kunstprojekt, das Brühl ganz sicher bereichern wird, bekannt machen. Weitere Informationen über das „Erste Brühler Bankenviertel“, die Möglichkeit des Aktienerwerbs und vieles mehr gibt es unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Telefon 0177-7507862, auf der gleichnamigen Facebookseite und unter www.erstesbruehlerbankenviertel.de.
Tobias Gonscherowski