Novakovic braucht noch etwas Zeit“

Matthias Scherz hätte der Mann des Abends werden können. In der 60. Minute wurde er für den erneut enttäuschenden Milivoje Novakovic eingewechselt und brannte dann ein Chancenfeuerwerk ab, das es in sich hatte. Allein, das Tor traf er nicht. Viermal tauchte der 34-jährige Goalgetter aus kürzester Distanz vor dem Karlsruher Torhüter Markus Killer“-Miller auf. Dreimal parierte der Keeper mit phantastischen Reflexen, einmal schob Scherz die Kugel am Kasten vorbei. Und als dann auch noch Edmond Kapplani einen fein gespielten Konter des KSC mit dem 0:1 abschloss, schien das Kölner Schicksal besiegelt.

Vor dem Spiel gedachten die Fans des früheren FC-Präsidenten Franz Kremer.

Immerhin: Irgendwie erzwangen die Geißböcke das Tor beinahe mit Gewalt in Form eines sehenswerten Weitschusses vom Mittelfeldrackerer Pekka Lagerblom. So blieb den 40.000 Zuschauern die erste Heimniederlage ihres Teams erspart und dem FC-Trainer Hanspeter Latour die Erkenntnis: Ich muss diesen Punkt positiv sehen und schätzen.“ Matthias Scherz sagte nach dem Spiel lieber gar nichts. Er verdrückte sich an der interessierten Medienschar vorbei durch die Hintertür über das Spielfeld, um auf sonderbaren Umwegen zum Team zu stoßen. Dabei war sein Trainer gar nicht sauer auf ihn. Er stellte sich den Fragen der Journalisten.

Frage: Herr Latour, 1:1 im Spitzenspiel gegen den Karlsruher SC. Wie haben sie das Spiel gesehen?
Hanspeter Latour: Das Ergebnis ist enttäuschend, die Leistung ist es nicht. Ein Kompliment an die Mannschaft, die sich nie aufgegeben hat. Die Mannschaft hat stark begonnen und konnte am Schluss noch zulegen. Wir hatten in der letzten halben Stunde hochkarätige Chancen, die der Torhüter des KSC großartig gehalten hat. Dann geraten wir durch einen Konter plötzlich in Rückstand. Und dann wird es ganz, ganz schwierig. Ich bin froh, dass die Mannschaft noch den Ausgleich geschafft hat. So muss ich diesen Punkt irgendwo noch schätzen. Wir werden am Schluss sehen, was er wert ist.

Frage: Nach dem Schlusspfiff war Ihnen die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Haben Sie noch an den Ausgleich geglaubt?

Latour: Es gibt solche Spiele, in denen sie die Chancen nicht reinmachen. Meistens geraten sie dann noch in Rückstand und verlieren ein solches Spiel. Immerhin ist dieser Punkt hier im Stadion geblieben. Aber es war sehr nervenaufreibend, dass der Ball nicht ins Tor wollte.


Frage:
Beim Gegentreffer sah Torhüter Stefan Wessels nicht besonders gut aus. Wie haben Sie die Szene gesehen?

Latour: Es sah schon so aus, dass er diesen Ball hätte abfangen können, wenn er ihm entgegen gegangen wäre. Aber es war ein sehr schwieriger Ball, der war gut hinter die Abwehr gespielt und dann wurde entschlossen nachgesetzt. Wenn er rauskommt, hätte er eventuell eine Chance gehabt, auf der Linie war es dann ganz schwierig. Aber es wäre übertrieben, von einem schweren Torhüterfehler zu sprechen. Außerdem hat er uns mit einer guten Aktion in der ersten Halbzeit im Spiel gehalten.


Frage:
Wie gut können Sie mit dem 1:1 leben?

Latour: Klar ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend. Aber wenn sie dann plötzlich 0:1 zurückliegen, muss man diesen Punkt positiv sehen und schätzen, wenn man sieht, wie sich die Mannschaft aufbäumt und noch den Ausgleich erzielt.


Frage:
Nun steht der FC auf Platz 3 und hat Anschluss nach ganz oben. Ist es das, was Sie sich nach sieben Spieltagen ungefähr vorgestellt haben?

Latour: Von der Tabellensituation sind wir optisch da, wo man uns erwartet hat, wo wir hingehören. Man darf nicht vergessen: Heute waren acht Spieler, wenn ich den Peter Madsen dazu zähle, neu in der Mannschaft. Da kann noch nicht alles perfekt und eingespielt sein. Man hat das gesehen, was die Fans erwarten: dass die Mannschaft alles gibt, dass sie zwischendurch auch Fußball zeigt und sich Chancen herausspielt, dass sie Strafraumpräsenz hat. Das war alles heute im Spiel dabei.

Frage: Eine Frage zum Neuzugang Novakovic. Braucht der einfach noch Zeit, bis das Zusammenspiel im Sturm funktioniert?

Latour: Ja. Man darf auch nicht vergessen, dass er zwei Länderspiele zwischendurch in kurzer Zeit absolvierte. Mir war vor dem Spiel klar, dass ich ihn nach einer Stunde auswechsle und Matthias Scherz bringen werde. Sie haben es selbst gesagt. Er braucht noch etwas Zeit. Selbstverständlich erwarte ich auch von ihm noch etwas mehr Strafraumpräsenz.


Frage:
Wie haben Sie Matthias Scherz gesehen, der viele Torchancen vergeben hat. War das Pech oder Unvermögen?

Latour: Normalerweise macht der Matthias Scherz dabei den ein oder anderen Ball rein. Aber wichtig war, dass er im Strafraum und in den gefährlichen Abschlusspositionen war. Ich möchte auch einmal sagen, dass der Torhüter auch hervorragend gehalten hat.


Tobias Gonscherowski