Am 18. September sind die Deutschen wieder aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Die Spannung steigt täglich. Immer wieder bekommen wir von den Meinungsforschungsinstituten die neuesten Umfrageergebnisse und Wahlprognosen präsentiert. Doch noch scheint das Rennen nicht entschieden zu sein. Der Vorsprung von CDU/CSU und FDP auf die anderen Parteien ist hauchdünn.
 
Es gibt Fragen über Fragen: Welche Rolle spielt das neue Linksbündnis? Spielt es eine Rolle, dass mit Angela Merkel erstmals eine Frau Bundeskanzlerin werden will? Kann Amtsinhaber Gerhard Schröder wie vor drei Jahren eine spektakuläre Last-Minute-Aufholjagd starten? Wer soll Deutschland in den nächsten Jahren regieren? Das haben wir von den Leuten wissen wollen, die wir in der Brühler Innenstadt befragt haben.
 




 
Rita Pietz mit den Kindern Daniela, Tobias und Rebecca:
 
Ich bin noch unentschlossen. Das wichtigste Thema ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Das sind die dringendsten Themen, die angegangen werden müssen. Auch Rente, Gesundheit und Bildung für die Kinder sind wichtig. Aber ich traue es keinem zu. Ich bin Wechselwähler und bin auch mehr für den Wechsel.



 
Heinz Wachendorf:
 
Ich bin der Meinung, die CDU hat den Mund so weit aufgerissen und behauptet, dass sie es besser können. Dann sollen sie es jetzt einmal zeigen. Sie haben noch nichts Konkretes vorgelegt und das, obwohl wir kurz vor der Wahl stehen. Sie müssen jetzt konkreter werden.



 
Norbert Florin:
 
Es sollte nicht die Partei an die Macht kommen, die kein eigenes Konzept hat und sich auf ihren geschätzten 42 Prozent in Umfragen ausruht und hofft, dass nichts mehr anbrennt.



 
Minka Mönch:
 
Ich bin mir noch nicht sicher. Aber ich fände es ganz gut, wenn es einmal eine Frau machen würde. Frauen können das auch ganz gut. Sie haben darin Jahrhunderte lange Erfahrungen. Nach Kriegen hat sich immer gezeigt, wie tüchtig Frauen sind, wenn sie ohne die Männer zurecht kommen müssen. Außerdem finde ich es empörend, wenn immer nur die Makel der Frauen hervorgehoben werden. Es wird über die Frisur von Frau Merkel gelästert. Über die dicken Bäuche und Glatzen der Männer spricht keiner.



 
Klaus Kommer:
 
Eine schwierige Frage. Ich bin von Natur aus etwas linksorientiert, aber das Programm der SPD sagt mir nicht zu 100 Prozent zu. Ich habe die Befürchtung, dass CDU und Liberale an die Regierung kommen und die sozial Schwächeren dann noch mehr bluten müssen und das finanzieren müssen, was die Regierung Kohl verursacht hat. Die Probleme begannen nämlich mit der Wiedervereinigung. Da hätten die Weichen gestellt werden und die Politiker verantwortungsvoller handeln müssen. Die Probleme der Rentenkasse waren Ende der achtziger Jahre bekannt.



 
Birgit Grille mit Ehemann Gerd und Sohn Christopher:
 
Ich bin für eine große Koalition und hoffe, dass dann die Probleme gemeinsam angepackt werden und keiner sich gegenseitig ausbremst. Ein Konsens wäre wünschenswert. Ich finde beide Spitzenkandidaten als Führungskräfte ungeeignet. Wenn es um Köpfe geht, wäre meiner Meinung nach Fischer der beste.



 
Michael Schinsky:
 
Ich habe bislang meine traditionelle politische Linie gehabt. Aber keiner der Anwärter hat ein Konzept, um Deutschland weiterzubringen. Die jetzige Regierung muss abgewählt werden. Ich bin von den Sozialdemokraten enttäuscht. Schröder hat den Ruf ruiniert durch seine Inkonsequenz und seine halbherzige Arbeit. Er hätte es richtig durchziehen müssen. Die Deutschen sind zu Reformen bereit. Aber es kann nicht sein, dass sie auf dem Rücken der Kranken und Alten ausgetragen werden. Und so ist das in vielen Bereichen.



 
Monika Bremen:
 
Ich bin ziemlich desillusioniert darüber, wie es zu Neuwahlen gekommen ist. Man hat den Eindruck, dass es egal ist, wie man wählt. Wenn die Mehrheit so entschieden hat, dass jemand für vier Jahre regiert, soll er diesen Auftrag auch so ausführen. Wenn derjenige dann nach drei Jahren keine Lust mehr hat, ruft er Neuwahlen aus. Das ist nicht okay. Die schulden mir noch ein Jahr.


Eine Umfrage von Tobias Gonscherowski (Text) und Bernhard Münch (Fotos).