"Unsere Vielseitigkeit ist unser Erfolgsrezept"

Als Stefanie Herrmann im Mai des Jahres 2001 den Kinderchor an St. Margareta übernahm, fand sie acht Kinder vor. Heute, über fünf Jahre und etliche spannende Projekte später, sind es fast 60 Pänz im Alter von 5 bis 13 Jahren, die gerne und regelmäßig zu den Proben kommen. Jetzt hat der Chor auch noch eine CD aufgenommen, die im Pfarrbüro erhältlich ist.


 
"Anfangs war die Not wirklich groß", erinnert sich Stefanie Herrmann. "Wo bekommen wir die Kinder her?" Doch Not macht erfinderisch. Deshalb wurde zuerst an der St. Franziskus-Schule ein Schulchor aufgebaut, mit dem dann gemeinsame Projekte angegangen wurden. Den Kindern gefiel es, und sie kamen dann auch in den Kinderchor. "Nach einem Jahr hatten wir schon dreißig Kinder", erzählt die Chorleiterin. "Es war sicherlich förderlich, dass wir in regelmäßigen Abständen spannende Projekte entwickelt und realisiert haben." Dass diese Projekte immer auch einen religiösen Hintergrund hatten, versteht sich von selbst.
 
"Wir haben zunächst bei acht Gottesdiensten im Jahr gesungen, wir sind auch in der Vorweihnachtszeit im Krankenhaus von Station zu Station gezogen, und wir haben eine "kölsche Weihnacht" einstudiert und auf dem Brühler Weihnachtsmarkt vorgestellt", berichtet Stefanie Herrmann. "Die kölsche Weihnacht war schon schwierig, aber auch die beiden Musicals hatten es in sich." 2003 führte der Kinderchor von St. Margareta das Musical "Bileam und die gottesfürchtige Eselin" auf, zwei Jahre später stand "Ich will das Morgenrot wecken, David wird König" auf dem Programm.
 
Die bislang größte musikalische Herausforderung meisterte der Chor im vergangenen Jahr mit John Rutters "The Mass of the Children". "Das war ein tolles Drei-Generationen-Projekt mit den Kindern, ihren Eltern und Großeltern. Für die Kinder war es enorm reizvoll von einem großen Orchester begleitet zu werden", sagt Stefanie Herrmann. "Ich war überrascht, wie gut und souverän sie das gemacht haben, wie gut sie auch mit der Technik, den Mikrophonen und Headsets umgegangen sind. Denn die Kinder mussten dafür schwierige altenglische Texte auswendig lernen."
 
Die selbstgestellte Aufgabe für das Jahr 2006 sah die Produktion einer CD vor. "Wir wollten ein Projekt verwirklichen, das allen Kinder zugute kommt und bei dem auch die Chöre von St. Stephan und St. Heinrich beteiligt werden. Über achtzig Kinder haben mitgesungen", erläutert Stefanie Herrmann. So ist auf der CD "Die Jahresuhr" eine Vielzahl von unterschiedlichen Liedern vertreten. Die CD (Abgabepreis 5 Euro) wurde so konzipiert, dass das Jahr in seine zwölf Monate unterteilt wurde und für jeden Monat drei Lieder ausgesucht wurden. "Da ist alles vertreten", meint die Chorleiterin. "Vertonte Gedichte, Volksweisen, mehrstimmige Lieder, Fanfaren, Kanons und vieles mehr." Sie ist mächtig stolz auf ihren Chor, die Kinder sind es auch. "Sie sind davon immer noch überwältigt, wie gut es gelaufen ist. Das Klangerlebnis war einmalig."
 
Fusion der Kinderchöre geplant
 
Stefanie Herrmann ist eine vielbeschäftigte Frau. Die verheiratete Mutter von drei Kindern im Alter zwischen 11 und 21 Jahren stammt aus einer sehr musikalischen Familie. Auch ihr Vater war bereits Chorleiter, selbstverständlich hat auch sie seinerzeit im Kinderchor gesungen. Heute leitet sie neben dem Kinderchor von St. Margareta noch einen weiteren Kinderchor, einen Kirchenchor und einen Männerchor in Erftstadt, wo sie auch im Stadtteil Erp wohnt. Die gebürtige Brühlerin hat Diplom-Sozialpädagogik studiert und sich nebenberuflich auch auf Anraten des Brühler Regionalkantors Michael Koll im Referat Kirchenmusik des Erzbistums Köln einer musikalischen Ausbildung unterzogen, die sie mit dem C-Examen erfolgreich abschloss.
 
"Die Aufnahme der CD war mit einem großen zeitlichen Aufwand verbunden, es war viel Arbeit und sehr stressig. Aber es hat trotzdem Spaß gemacht", sagt Stefanie Herrmann über die Produktion, bei der immerhin drei Brühler Chöre unter einen Hut zu bringen waren. Doch dieses Engagement könnte sich bald schon auch auf anderer Ebene auszahlen. Denn wegen der auch bei den Kirchen leerer werdenden Kassen gibt es in Brühl Überlegungen die Kinderchöre vielleicht schon im kommenden Jahr zusammen zu legen. "Dank der CD-Aufnahme haben sich die Kinder jetzt schon einmal kennen lernen können. Es gab auch schon jetzt eine große gegenseitige Befruchtung." So hat die Chorleiterin die berechtigte Hoffnung, dass die Kinder auch nach einer Fusion der Chöre weiter am Ball bleiben.
 
"Die Kinder sind immer hungrig auf Neues. Sicher ist auch eine Motivation da, bei den Gottesdiensten zu singen. Das ist für sie selbstverständlich. Aber den Reiz machen die Projekte aus. Es ist nur manchmal schade, wenn man beispielsweise für die Musicals monatelang probt und sie dann lediglich einmal aufführt. Aber das ist eben leider auch eine Kostenfrage." Für das Jahr 2007 hat sich Stefanie Herrmann das Ziel gesetzt, Herzogenberts "Die Geburt Christi" einzustudieren.


 
Casting vor versammeltem Chor
 
Neben der musikalischen Anleitung (mit den Schwerpunkten Stimmbildung, Gehörbildung und Rhythmus) ist es der 45-Jährigen, deren drei Kinder übrigens auch alle in Chören singen, ein elementares Anliegen, den Glauben zu vermitteln. "In einem Gemeindekinderchor kann man nicht losgelöst von der Kirche arbeiten. Wir besinnen uns immer wieder auf den Glauben. Und die Kinder finden es spannend, ausgehend von einer Bibelstelle etwas musikalisch zu gestalten", sagt die Chorleiterin.
 
Wenn Stefanie Herrmann ein neues Musical ausgesucht und mit ihren Chor, der gut zu drei Vierteln aus Mädchen besteht, besprochen hat, gibt es eine Art Casting. "Die Kinder überlegen dann, wer welche Rolle übernehmen könnte. Anschließend singen die Kandidaten vor dem versammeltem Chor vor. Danach wird abgestimmt. Und ich habe mich bislang immer der Mehrheit gebeugt, auch wenn ich ab und zu einmal anderer Meinung war. Es ist aber auch schon vorgekommen, dass ein Kind später seine Rolle abgegeben hat, weil es selbst fand, dass ein anderes Kind es besser konnte. Das fand ich ganz toll, eine großartige Geste", erzählt Stefanie Herrmann.
 
Vor den großen Ereignissen hat sie selbst nur ein bisschen Lampenfieber. "Bei Projekten mit Kindern ist die Nervosität geringer", sagt sie. Bislang ist es auch fast immer gut ausgegangen. Nur einmal, mitten im Hochsommer, passierte es, dass bei einem Gottesdienst nacheinander sieben Kinder ausgefallen sind.
 
Abwechslungsreiche Angebote
 
Keine Probleme sind bei den vielen Chorausflügen aufgetreten. "Wir bemühen uns immer, den Kindern abwechslungsreiche Angebote zu bieten. Wir waren schon in der Kölner Philharmonie, wir haben am Diözesankinderchortag in Köln teilgenommen oder im Henneschentheater eine Kinderoper besucht. Wir unternehmen eine jährliche Chorwochenendfahrt. Das gemeinsame Erleben und der Austausch sind uns sehr wichtig. Diese Vielseitigkeit ist sicherlich auch unser Erfolgsrezept. Unser enormer Zuwachs ist durch die Mundpropaganda zu erklären. Viele Kinder werden von anderen mitgebracht. Und bei uns ist jedes Kind willkommen. Niemand wird weggeschickt."
 
Die Proben des Kinderchores finden jeden Freitag in der Kindertagesstätte St. Margareta statt. Die Gruppe "Mini" (Vorschulalter bis 2. Schuljahr) trifft sich von 14.45 bis 15.30 Uhr, die Gruppe "Maxi" (ab 2. Schuljahr) von 15.30 bis 16.30 Uhr. Ein Eintritt ist jederzeit möglich. (tg)