Viele Brühler kennen in Pingsdorf nur die Euskirchener Straße als schnelle Verbindung zur Autobahn und zum Phantasialand. Einige fahren dabei viel zu schnell und es entgeht ihnen dabei der Charme des alten Brühler Stadtteils mit seinen verwinkelten Seitenstraßen und Gassen.

Pingsdorf ist besonders für Familien ein idealer Ort zum Leben. Hier kennt jeder jeden, Kindergarten und Grundschule sind gut erreichbar und das soziale Leben im Dorf funktioniert mit der mehr als 50-jährigen Dorfgemeinschaft sowie mit einem regen und facettenreichen Vereinslebens bestens. Auf der Euskirchener Straße gibt es wie in keinem anderen Brühler Vorort sonst noch einen regen Einzelhandel mit inhabergeführten Geschäften und ansprechender Gastronomie. Pingsdorf mit seinen ca. 4.600 Einwohnern ist ein Dorf, aber darauf ist man hier auch besonders stolz.

Die Geschichte von Pingsdorf ist erst ab ca. dem 12. Jahrhundert ausreichend urkundlich dokumentiert. Dafür waren besonders Kriege und Brände verantwortlich. Wenige aussagefähige Indizien können zu folgender Version führen: Um 450 n. Chr. rodete der fränkische Stamm der Ripuarier das fruchtbare Rheinland. Diese Rodetrupps nannten ihre Einsatzorte „thorpe“ und fügten den Namen ihres Vorarbeiters hinzu. In Pingsdorf agierte der Vorarbeiter namens Pinno. Und so wurde in den Jahrhunderten aus „Pinno-Thorp“ schließlich Pingsdorf. Aus einigen Einzelhöfen erwuchs ein Dorf, das wahrscheinlich im 7. Jahrhundert im Besitz der kölnischen Kirche und zum Tafelhof der Kölner Erzbischöfe wurde. Pingsdorf erlangte bis ins 13. Jahrhundert einen europaweiten Bekanntheitsgrad mit seinen Töpfereiprodukten wie Töpfen, Gefäßen und Geschirr.

Kriege und Überfälle in den nächsten Jahrhunderten zwangen dann viele Pingsdorfer, Schutz hinter den Brühler Stadtmauern zu suchen. So wurde Pingsdorf ein kleines, stilles Dorf bis zur Eröffnung der Roddergrube im Jahr 1873, in der Braunkohle abgebaut wurde. Der Beginn der Industrialisierung in der Region wurde eingeläutet. Somit stieg in dieser Zeit auch die Einwohnerzahl von Pingsdorf rapide an. Familien aus dem Hunsrück und aus Bayern fanden hier im Braunkohletagebau Arbeit und in Pingsdorf eine neue Heimat. Ganze Wohnsiedlungen, im Volksmund „de Kolonien“, wurden gebaut, die vom bekannten Bergwerksdirektor Otto Maigler für seine Arbeiter in Auftrag gegeben wurden.

Katholische Grundschule

Im Jahr 1906 öffnete die heutige Katholische Grundschule als ein wichtiger Pfeiler des dörflichen Soziallebens ihre Pforten. Vor dieser Zeit wurden Kinder zunächst im Küsterhaus, später mit der Einführung der Schulpflicht im Jahre 1825 in einer Badorfer Wirtschaft unterrichtet. Heute sieht sich die Schule nicht nur als Lernort für Kinder, sondern auch als Ort für Dorffeiern von Schule und Vereinen und als fester Bestandteil der Dorfgemeinschaft.

St. Pantaleon Pingsdorf

Das Wahrzeichen von Pingsdorf ist die Kirche St. Pantaleon Pingsdorf, die in ihrer Zweiteilung sehr interessant ist. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde sie vom kurfürstlichen Baumeister Gerhard Cadusch errichtet und blieb 200 Jahre unverändert. 1931 wurde die Kirche nach Abriss der nördlichen Seitenwand durch einen fast gleich großen Anbau erweitert. So zeigt sich heute ein im reinen Barock erhaltenes südliches Kirchenschiff neben einem nüchternen Zweckbau als nördlichem Seitenschiff. Beide sind durch große Rundbögen miteinander verbunden. Sehenswert sind der typisch barocke Hauptaltar mit dem Bildnis des heiligen Pantaleon (der die Gesichtszüge des Kurfürsten Clemens August tragen soll), das barockes Deckenrelief, die Barockkanzel, die Apostelbilder aus der Renaissance und besonders die Kopie der „Pingsdorfer Madonna” (1170), die die ehrwürdige Schönheit des Originals – heute im Kölner Diözesanmuseum – ahnen lässt und Pingsdorf viele Jahre auch zum Wallfahrtsort machte. Im neuen Nordschiff ist neben einem Barockbeichtstuhl vor allem die Kreuzigungsgruppe an der Stirnwand aus dem frühen 16. Jahrhundert zu erwähnen unter einem strahlend farbigen, modernen Rundfenster.

Hinter der Kirche befindet sich ein kleiner gepflegter Friedhof, auf dem viele bekannte Familienamen aus dem öffentlichen Leben von Brühl und seiner Brühler Geschäftswelt auf den Grabsteinen zu finden sind. Hier zeigt sich einerseits die Verbundenheit der Pingsdorfer mit Brühl als Stadt und andererseits aber auch die Liebe der Pingsdorfer zu ihrem Dorf, in dem sie beerdigt werden wollten.

Es gibt sicher noch sehr viel über Pingsdorf zu berichten. Besonders empfehlenswert ist das (leider fast vergriffene) Festbuch zum 50-jährigen Jubiläum der Dorfgemeinschaft Pingsdorf, aus dem wir unsere Informationen entnehmen durften.