Die einzelnen Abteilungen des Feldartillerie-Regiments Nr. 23 bezogen ab dem 9. März 1915 in der weiteren Umgebung von Vouziers ihre Ruhequartiere, etwa 30 Kilometer von den Kampfgebieten um Perthes entfernt. Die 2. Batterie der 1. Abteilung, zu der Max Ernst gehörte, kam zuerst in dem Ort Sémide unter. Am 14. März 1915 schrieb Max Ernst an seine Schwester: "Liebe Loni, von Semide aus sende ich Dir viele Grüße. Auch hier bleiben wir nicht lange, gleich fahren wir weiter in ein anderes Dorf Coroy. Dort sollen wir bessere Quartiere bekommen. Die große Schlacht in der Champagne ist jetzt, nachdem wir abgelöst sind, beendet. (…)"

 
Max Ernst mit Kriegsverletzungen,Cauroy, März 1915
 

Der nächste Unterkunftsort der Batterie war Cauroy, wie Sémide ein kleines, südwestlich von Vouziers gelegenes Dorf. Hier zog sich Max Ernst seine erste Verletzung zu. Am 18. März 1915 berichtete er seiner Schwester Emilie: "Liebe Emmy, vielen Dank für Eure Briefe u. Pakete, die alle pünktl. ankommen. Ich kann nicht viel schreiben, weil ich mich nicht sehr wohl befinde. Gestern in der Reitstunde ging mein Gaul mit mir durch, ich fiel herunter u. da ich mich dummerweise am Zügel festhielt, dem Biest vor die Füße. Es trampelte im Galopp über mich weg, trat mich ins Gesicht u. auf die linke Hand. Es hätte sehr schlimm werden können (…). Die eine Gesichtshälfte ist dick geschwollen, ein Backzahn schief getreten. Das Auge ist unverletzt. An der l. Hand ist das mittlere Glied des Goldfingers gebrochen, wird aber auch wohl wieder gut heilen.
 
Vielleicht komme ich in ein Lazarett. (…)" Schon eine Woche später konnte er die Familie beruhigen: "Liebe Loni! Mir geht's jetzt wieder viel besser. Mein Gesicht ist wieder abgeschwollen und ich kann wieder kauen. Auch der Finger wird bald geheilt sein. (…)"
 
Ab dem 11. Mai 1915 wurde die 16. Infanterie-Division, zu der das 2. Rheinische Feldartillerie-Regiment Nr. 23 gehörte, mit Eisenbahnzügen zur Front nach Nordfrankreich gebracht, wo die einzelnen Batterien in Noyelle-Godault, Auby und Leforest ihre Quartiere bezogen. Zehn Tage später sandte Max Ernst aus Sallaumines Grüße und vermerkte unter dem Absender ironisch: "Dienstgrad 'zeitlebens Kanonier'". Gegen Ende der überaus heftigen Stellungskämpfe um die bei Arras gelegene Loretto-Höhe erlitt Max Ernst seine zweite Verwundung durch einen Rohrkrepierer. Von der Ruhestellung in Auby schrieb er am 30. Juni 1915 an Loni: "(…) Jetzt sind die Pakete mit Schinken, Butter, Honig, Käse u. den Würstchen angekommen. Herzlichen Dank dafür! Die Blechdose, worin die Butter ist, werde ich zurückschicken, die andere Blechdose ist in der Feuerstellung geblieben, als ich von meiner eigenen Kanone getroffen wurde. Es geht mit jetzt wieder gut, nur macht das Essen mir noch viel Zahnschmerzen. (…)"
 
Beide Verletzungen fasst eine Biographie des Künstlers, die 1942 - also während des Zweiten Weltkrieges - in New York veröffentlicht wurde, mit den folgenden Wor-ten zusammen: "He was wounded twice, once by the recoil of a gun and once by the kick of a mule - both times in his head. His fellow soldiers called him 'the man with the iron head'." (Er wurde zweimal verwundet, einmal durch den Rückstoß einer Kanone und einmal durch den Tritt eines Maultiers - beide Male an seinem Kopf. Seine Kriegskameraden nannten ihn 'der Mann mit dem eisernen Schädel'.)