Die letzten Tage vergehen immer wie im Flug. An tausend Sachen müssen Ursula und Bernhard Schumacher vom Schumaneck Kinderhaus denken, viel muss organisiert werden, damit die „Großfamilie“ wie in jedem Jahr auch ein schönes Weihnachtsfest feiern kann. Für den Brühler Bilderbogen nahmen sie sich aber gerne die Zeit, um zu berichten, wie sie die Festtage gestalten.

52 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen ein und 19 Jahren werden durch die Schumaneck Kinderhaus gemeinnützige GmbH in neun Einrichtungen in Brühl und Umgebung betreut. In jedem dieser Häuser wohnt die leitende Fachkraft mit den Kindern unter einem Dach. Die überwiegende Mehrheit der Kinder und Betreuer trifft sich am Heiligabend in der katholischen Kirche in Walberberg, wo sie um 15 Uhr die Messe besuchen. Danach feiert jede Gruppe für sich.
Während des Gottesdienstes hat das Christkind auch dem Schumaneck Kinderhaus in der Ludwig-Jahn-Straße einen Besuch abgestattet. Unter dem bunt geschmückten Weihnachtsbaum und neben der Krippe finden sich auf einmal Berge von Geschenken, die darauf warten, ausgepackt zu werden. Doch ganz so schnell soll dies noch nicht geschehen. „Wir ziehen es noch ein bisschen in die Länge, weil es am schönsten ist, wenn es draußen bereits dunkel ist“, findet Ursula Schumacher. Rund 17 Leute und Familienhündin Lucy sind zusammengekommen, die neun Kinder, die genauso im Haus wohnen wie die Schumachers, auch einige Ehemalige schauen gerne vorbei. Es ist immer was los im Haus.



Auch ausgefallenere Geschenke sind möglich
Meistens gibt es noch ein kleines improvisiertes Programm, das „den Kindern nicht von oben herab aufgedrängt wurde. Ganz sicher nicht“, sagt Bernhard Schumacher. Es sind gespielte Geschichten, die sich die Kinder ausgedacht haben, es kann auch ein kleiner musikalischer Vortrag sein. „Wir lassen uns da gerne überraschen“, meint Ursula Schumacher. Danach steht dann die Bescherung an.
Auch bei den Geschenken wird viel improvisiert, ein begrenztes Budget macht erfinderisch. Dennoch fehlt es an nichts. Das liegt zum einen an Spenden und Zuwendungen von örtlichen Warenhäusern, Supermärkten, Baumärkten und sogar eines Troisdorfer Friseursalons. Zum anderen mangelt es den Schumachers und ihrem Team nicht an Fantasie, für die Kinder auch ausgefallenere Präsente zu besorgen, die vom normalen Satz nicht zu bezahlen wären. 35 Euro pro untergebrachtem Heimkind gibt es, darin enthalten sind auch Zuschüsse für das Festessen, die Geschenke und noch mehr. „Trotzdem können wir viele Wünsche erfüllen. Und wir machen das auch sehr gerne“, freuen sich die Schumachers. „Es macht Spaß, Freude zu bereiten und die Freude zu sehen.“ Auch die Erwachsenen werden von den Kindern beschenkt, Kleinigkeiten, selbstgebastelte Sachen. „Jeder will auch etwas geben“, sagt Ursula Schumacher.
Dann sind die Kinder erst einmal beschäftigt, die älteren helfen den jüngeren beim Zusammenbau ihrer neuen Spielzeuge. Die Erwachsenen können kurz durchschnaufen und das Essen vorbereiten. Traditionell gibt es Fondue, angenehme Gerüche ziehen durchs Haus. Nach dem Festmahl gehen die Kinder irgendwann ins Bett. „Und Herr Schumacher gönnt sich ein Gläschen Rotwein“, lacht Bernhard Schumacher. Schnell wird noch aufgeräumt und der nächste Tag vorbereitet. Denn an dem geht es direkt weiter. Es gilt am 25. Dezember den Geburtstag von Anita zu feiern, zwei Tage später steht der nächste an. „Silvester können wir dann keinen Kuchen mehr sehen. Mit den besten Vorsätzen geht es danach ins neue Jahr“, so Ursula Schumacher.
In diesen Tagen geht es harmonisch und weitgehend unbeschwert zu im Schumaneck Kinderhaus. Der Alltag sonst ist nicht immer so. Im kommenden Jahr feiert die Einrichtung ihr 15-jähriges Bestehen. In dieser Zeit haben die Schumachers viele berührende Kinderschicksale miterlebt und helfen können, Leid zu lindern. „Bei uns lernen Kinder und Jugendliche, die in ihren Familien unfassbares Leid, Gewalt, Missbrauch oder Verwahrlosung erlebt haben – oder eine tragische Mischung aller dieser schmerzhaften Komponenten – das Lebensmodell einer intakten Familie kennen“, erklärt Bernhard Schumacher.

„Man hat gelernt, dass sie wieder weggehen“

Der 46-Jährige kam 1994 in die Kölner Heimeinrichtung und lernte dort nicht nur seine spätere Frau Ursula kennen, die Heimerzieherin und Heilpädagogin ist, sondern auch die Heimarbeit. Diese vielfältigen Erfahrungen ließen die Schumachers in ihr 1998 ins Leben gerufene Schumaneck Kinderhaus einfließen. Zu den bestehenden Großeinrichtungen entstand so ein kleines familiäres Haus. „Wenn Kinder aus ihrem familiären Umfeld genommen werden, hat diese Maßnahme meist eine lange Vorgeschichte. Diese Kinder haben Besonderheiten, Erlebnisse und Erinnerungen. Nicht immer glückvolle, manche sogar schmerzhaft und unfassbar. Besonderheiten, Erlebnisse und Erinnerungen, die ihnen nicht genommen werden können, mit denen diese Kinder leben werden. Mit ihnen“, betont Bernhard Schumacher, „und nicht unter ihnen.“


Während ihr Mann sich mehr um die administrativen Dinge kümmert, ist Ursula Schumacher näher an den Kindern. Die Arbeit bereitet ihr nach wie vor Freude. „Es gibt keine Abnutzungserscheinungen. Die Pänz halten mich auf Trab. So bleibt man jung und dynamisch“, erzählt die 54-Jährige schmunzelnd. „Das Leben mit den Kindern macht Spaß.“ Und es gibt neben den tragischen Fällen auch zahlreiche Beispiele positiver Entwicklungen. „Die Kinder bleiben in der Regel nicht bis zur Verselbständigung bei uns, sondern kommen auch so manches Mal wieder zurück in die Familien. Man hat gelernt, dass sie wieder weggehen“, sagt Ursula Schumacher. Auch während die Kinder im Schumaneck Kinderhaus sind, reißt der Kontakt zu den Familien sofern möglich nicht ab. Es gibt in den separat untergebrachten Büroräumen auch eine Art Besuchszimmer.


„Wir helfen den Kindern dabei, ihr Schicksal zu akzeptieren und sich eine Zukunft aufzubauen, später den Führerschein zu machen und eine Wohnung zu finden“, erläutert Bernhard Schumacher. Im Fachjargon heißt das, „selbstbestimmt zu leben“. Einigen gelingt das. In diesem Sommer haben drei Jugendliche des Schumaneck Kinderhauses ihren Schulabschluss geschafft, zwei an der Realschule. Sie besuchen jetzt das Berufskolleg oder absolvieren eine Ausbildung. Andere werden auch wegen körperlicher und geistiger Behinderungen ihr Leben lang auf Hilfe angewiesen sein.


Zusammen bilden sie alle eine große Familie. Die im Sommer auch auf Reisen geht. Seit Jahren ist ein großer Campingplatz an der Costa Brava in Spanien das gemeinsame Ferienziel der neun Einrichtungen. Den Kindern tut der Urlaub gut, sie sind ausgeglichen und haben ihren Spaß. Und auch die Betreuer freuen sich darauf. Der Zusammenhalt der Fachkräfte und der Kinder wird gestärkt. So wie an Weihnachten. Allerdings sind die Temperaturen unter der spanischen Sonne deutlich angenehmer.
Weitere Informationen über die Arbeit des Schumaneck Kinderhauses gibt es unter www.schumaneck.de. Wer die Arbeit unterstützen will: Spendenkonto bei der Kreissparkasse Köln, Kontonummer 01330 37 500, BLZ 3705 0299.