„Wir haben einfach angefangen”

Wer aufmerksam durch die Straßen von Brühl zieht, auf den Waldwegen spaziert oder sich die Ausflugsziele und die Parkplätze davor anschaut, dem bleibt eins nicht verborgen: Überall verschandelt Müll die Landschaft oder das Stadtbild.

Das wollen viele Brühlerinnen und Brühler nicht mehr hinnehmen. Neben dem von der Stadt einmal im Jahr veranstalteten Frühjahrsputz sollen auch die Aktionen der Gruppe „Clean Up Brühl” die Stadt sauberer machen. Wir haben uns mit den Organisatoren Sonja Pinell und Matthias Gillessen unterhalten, die neben Lisa Herbertz und Katja Herrmann zu den Gründern der Gruppe zählen.

Wenn sich engagierte Bürger für eine gute Sache zusammentun, kann es manchmal ganz schnell gehen. So geschehen im Frühling dieses Jahres. In der Facebook-Gruppe „Achtet auf Brühl” meldete sich Katja Herrmann im April, um Gleichgesinnte für regelmäßige Müllsammelaktionen zu finden. Kurz danach war eine eigene Facebook-Gruppe unter dem Namen „Clean Up Brühl” gegründet, die von Lisa Herbertz gepflegt wird. Und schon Mitte Mai ging es los.

Menschen, die sich vorher nicht kannten, trafen sich auf dem Markt in der Brühler Innenstadt zum „Kennenlern-Sammeln”. „Wir haben von der Stadt Handschuhe, Greifzangen und Müllsäcke gestellt bekommen und haben unsere eigenen Eimer mitgebracht”, erinnert sich Sonja Pinell. „Und dann haben wir einfach angefangen.” Vor allem Zigarettenkippen und anderer Müll landeten im Eimer.

„Zwei Stunden haben wir auf dem Markt und der Kölnstraße gesammelt”, berichtet Matthias Gillessen. „Wir haben geguckt, was passiert, und am Anfang musste man sich auch erst daran gewöhnen.” Aber das Feedback der Leute war ganz überwiegend positiv. „Viele haben sich bedankt und uns gelobt. Manche waren auch interessiert und wollten später auch mal mithelfen.”

Den Sammlern der Brühler Clean Up Gruppe fiel dabei auf, dass sich viele Geschäfteleute und Gastronomen überhaupt nicht darum kümmern, wie es unmittelbar vor ihren Läden aussieht. Für mehr Sauberkeit fühlen sie sich ganz offensichtlich nicht zuständig. Engagierte Einzelhändler wie Achim Düster, der auch dafür bekannt ist, bei großen Sammelaktionen am Rhein mitzumachen, bilden eher die löbliche Ausnahme.

„Wollen etwas gegen den Müll tun”
Mit der gelungenen ersten Aktion in der Innenstadt war der Startschuss gefallen. Die Macher der Gruppe waren sich einig, nun regelmäßig in ganz Brühl Müllsammelaktionen durchzuführen. Ihr Motto „Clean Up” stammt aus dem Englischen und bedeutet „aufräumen“ oder „sauber machen“. „CleanUp Brühl ist eine Plattform für alle Menschen in der Gemeinde, die etwas gegen den Müll in unserer direkten Umgebung unternehmen wollen”, sagt Sonja Pinell. „Wir planen gemeinsame Müllsammelaktionen, posten Fotos erfolgreicher Streifzüge oder entwickeln andere Ideen, wie Müll in der Stadt, in Parks oder im Wald vermieden werden kann.”

Mit ihrem Einsatz wollen sie die Arbeit der Abfallwirtschaft nicht ersetzen. „Es ist eine wertvolle ehrenamtliche Tätigkeit, die uns selbst und unseren Brühler Mitbewohnern zugute kommt. Für eine Umwelt, die für uns alle sauberer, gesünder und sicherer ist”, findet Matthias Gellissen. Enthusiastisch stürzen sich die Müllsammler freiwillig in ihre Arbeit, die sie in ganz Brühl verrichten – in der Innenstadt genauso wie in den Stadtteilen. Überall gibt es Bedarf.

Besonders dreckig ist es auf den Parkplätzen Schnorrenberg und am Heider Bergsee. Das lag aber auch teilweise an fehlenden oder überfüllten Mülleimern vor Ort, die zu selten geleert wurden. Das hat sich inzwischen aber etwas gebessert. Das permanente Müllsammeln hat die Helfer zusätzlich sensibilisert. Egal, wo sie sind, fällt ihnen noch mehr auf herumliegender Dreck auf.

„Das macht fast schon süchtig”, gesteht Sonja Pinell. Ihr gefallen die Aufräumaktionen besonders gut. „Man tut etwas Gutes, man bewirkt etwas, man ist unter Leuten an der frischen Luft. Mir macht das richtig Spaß”, sagt die Versicherungsangestellte, die auch schon mal bei Regenwetter loszieht. „Davon darf man sich nicht abschrecken lassen.”

Bei ihren Sammelaktionen finden die Helfer die unterschiedlichsten Dinge: Zigarettenkippen, Schnapsfläschchen, Trinktüten, To-Go-Becher, Schuhe, Klamotten, Brillenbügel, Klodeckel, Kondome und vieles mehr. Meistens haben Sonja Pinell und ihr Team Bollerwagen dabei, die den Transport erleichtern.

Wenn die Clean Up Gruppe eine Sammelaktion beendet hat, werden die Müllbeutel an einer bestimmten Stelle deponiert. Dann wird eine Email an die zuständige Stelle bei den Brühler Stadtwerken geschickt, die den zeitnahen Abtransport organisiert.

Umweltbewusstsein verändert sich
„Ganz langsam stellen wir eine Veränderung im Bewusstsein der Menschen fest”, sagt Matthias Gillessen, der als Journalist und Produzent von Filmbeiträgen bei „Good Karma Productions” arbeitet. Die Brühler Clean Up Gruppe mit ihren rund 120 Mitgliedern gehört mit denen in Erftstadt und Weilerswist zu den ersten des Erftkreises. Den Ursprung hatte die Clean Up Bewegung in Stuttgart, inzwischen gibt es Gruppen in ganz Deutschland. In Kürze wollen die Brühler auch eigene T-Shirts bedrucken lassen und diese bei ihren Aktionen auch tragen.

Wann und wo gesammelt wird, wird immer relativ kurzfristig und spontan entschieden. Die Termine finden sich in der Facebook-Gruppe oder unter www.cleanup-bruehl.de. Auch Vorschläge aus der Bevölkerung werden gerne angenommen. „Wer bei einer unseren offiziellen Sammelaktionen mitmacht, wird mit Handschuhen, Mülltüte und einer praktischen Zange zum Aufsammeln des Mülls ausgestattet. Bei uns braucht sich also niemand die Finger schmutzig machen”, berichtet Sonja Pinell. „Die Sammelaktionen finden in lockerer Atmosphäre statt. Wer will, kann vom Startpunkt dann alleine losziehen, meistens laufen wir jedoch eher gesammelt los.”

Auch Schülerinnen des Max Ernst Gymnasiums aktiv
Parallel zur Clean Up Gruppe hat sich in Brühl übrigens auch eine weitere Gruppe gegründet. Initiatoren sind drei Schülerinnen des Max Ernst Gymnasiums, die ihre Gruppe auf Instagram „Clean Up 4 Brühl” genannt haben und die gleichen Ziele verfolgen wie ihre erwachsenen Mitstreiter der Facebook-Gruppe.

„Es ist der Wahnsinn, wie viel Müll überall herumliegt. Dagegen wollten wir etwas tun“, sagten sich die drei Schülerinnen Emily Hamm, Miriam Knackstedt und Almut Sann von der Initiative „Clean Up 4 Brühl“. „Wir wollen Brühl von dem überall herumliegenden Müll befreien und so etwas Gutes für die Umwelt tun.“ Rund ein Dutzend Helfer packen bei einem Treffen mit an. Insgesamt hat die Gruppe bisher circa 50 Unterstützer – und sie hoffen auf weiteren Zulauf.

Beeindruckt von dem Engagement ist auch das Max-Ernst-Gymnasium. Obwohl die Gruppe aus reiner Eigeninitiative entstanden und völlig unabhängig von der Schule ist, erhielten die drei Schülerinnen den Förderpreis des Gymnasiums für sozial-gesellschaftliches Engagement. „Das war echt irre. Wir wussten gar nicht, dass wir nominiert sind. Und plötzlich nennt der Schulleiter unsere Namen“, freut sich Emily noch immer über diese Anerkennung.

Weitere Informationen über diese Gruppe gibt es auf Instagram @cleanupforbruehl oder per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Wir können uns in Brühl glücklich schätzen, dass sich so viele Menschen jeden Alters so für eine saubere Stadt engagieren.

Tobias Gonscherowski