„Ich bringe den Klang der Bühne ins Wohnzimmer”


Eine große Portion Kreativität ist gefragt von allen, die sich in der seit zwei Jahren andauernden Corona-Pandemie als Künstler durchschlagen müssen. Planungssicherheit gibt es nicht, Improvisationstalent ist nötig, Optimismus und Durchhaltevermögen. Der Brühler Sänger, Songwriter und Buchautor Joe Bennick, bringt all diese Eigenschaften mit. Er steckt voller Pläne für das Jahr 2022, wie er dem Brühler Bilderbogen im persönlichen Gespräch verriet.

Joe Bennick hat sich in den letzten Jahren einen Namen gemacht. Zwei Alben hat er herausgebracht, beide wurden sehr positiv aufgenommen. Dem Debütalbum „in close distance” aus dem Jahr 2019 folgte die zweite CD „blossom and gloom” im vergangenen Jahr. Diese wurde von der Deutschen Popstiftung gleich zweimal im Wettbewerb „Deutschen Singer-Songwriter-Preis” ausgezeichnet. Zum einen landete das Album in der Kategorie Solosänger ebenso auf Platz 2 wie sein Booklet zur CD in dieser eigenen Booklet-Wertung.

Musik und Texte seiner Songs schreibt Joe Bennick selbst. So basiert „blossom and gloom” auf Gedichten, die „sich inhaltlich im Spannungsfeld zwischen Stillstand und Veränderung bewegen”, wie er sagt. „Was gegensätzlich erscheint, lebt doch in ständiger Koexistenz, das Rationale lässt Platz für Emotion, Metaphorisches und Wörtliches bestehen nebeneinander, ohne Brüche zu erzeugen.”

Persönliche Gefühlswelten
Joe Bennick reflektiert in seinen Songs Momente und Phänomene, die vertraut sind, lässt uns aber auch einen Blick in seine ganz persönlichen Gefühlswelten erhaschen. In der musikalischen Umsetzung setzt die CD auf die Wirkung des Live-Erlebnisses ohne die technischen Möglichkeiten der Studioproduktion außer Acht zu lassen. „Ich bringe den Klang der Bühne ins Wohnzimmer und schaffe mit meinen Songs ein intimes Hörerlebnis, in dem Gitarre und Stimme aufs Feinste verschmelzen.”

Joe Bennick freut sich über die Wertschätzung durch den Singer-Songwriter-Preis, erleichtert sie ihm doch als nun „offiziell” preisgekröntem Künstler die eine oder andere Buchung. Theoretisch ist sein Terminkalender für das Jahr 2022 schon gut gefüllt. Doch in Corona-Zeiten bleibt die Planung oft ungewiss. „Die Situation ist nach wie vor schwierig”, sagt der seit 1990 mit Unterbrechungen in Brühl wohnende Vater von zwei Töchtern. „Man weiß oft auch eine Woche vor einem geplanten Auftritt nicht, ob der auch tatsächlich stattfinden wird.”

Der Sänger nimmt die Herausforderung allerdings klaglos auf seine Art an. „Wenn das Publikum nicht zu mir kommen kann, fahre ich eben zum Publikum”, dachte er sich. So entstand die Idee seiner Bulli-Konzerte. Fünfeinhalb Wochen tourte er im Sommer 2020 mit seinem VW-Bus kreuz und quer durch Deutschland – von den Alpen bis ans Watt.

„Das war ein Ausgleich zum Lockdown und eine sehr spannende Zeit”, sagt Joe Bennick. „Der Erfahrungsaustausch hat mir viel gegeben.” Er spielte in Hinterhöfen, auf Campingplätzen. Er verbrachte eine Woche auf Helgoland, wo er acht Konzerte gab.


Familiäre Beziehung zu Helgoland
Die Insel hat es ihm ohnehin angetan, sogar eine familiäre Beziehung besteht zu Helgoland. „Sie haben dort eine Straße nach meinem Urgroßvater Otto Bartning benannt, der nach dem Krieg als Architekt viel für den Wiederaufbau getan hat.” Joe Bennick stammt aus einer musischen Familie, Musik und Dichtung spielten immer eine große Rolle.

Schon in seiner Jugend- und Studentenzeit sang der 1974 in Hanau geborene Künstler in verschiedenen Chören (u.a. als Tenor beim Brühler MGV Eufonia). Er spielte Klavier und Orgel. Nach dem Abitur am Max Ernst Gymnasium studierte er in Heidelberg Musikwissenschaften und später Kulturmanagement. Er arbeitete parallel zum Studium bei den Brühler Schlosskonzerten.
Heute begleitet er mit der Gitarre seine eigenen Songs. Eingängige Melodien und vielschichtige Texte werden zu abwechslungsreichen Liedern. „Meine Musik ist mehr als ein reiner Ausdruck der atmosphärischen Songtexte, in denen ich tief in Gefühlswelten eintauche und diese in lyrischem Stil verarbeite”, sagt Joe Bennick. „Meine Musik umfasst die gesamte Palette von gefühlvoll bis mitreißend, von träumerisch bis tanzbar und findet ihren eigenen Platz im Singer-Songwriter-Spektrum zwischen Folk-Pop und Acoustic-Indie.” Sie ähnelt ein bisschen der von Größen wie Chris de Burgh, Passenger oder Conor Oberst.

Joe Bennick Trio gegründet
Joe Bennick ist allerdings nicht nur als Solokünstler unterwegs. Er gründete kürzlich zusammen mit Kevin Hemkemeier (Kontrabass) und Nils Rabente (Keyboard) das „Joe Bennick Trio”. Die drei kennen sich bereits von früheren Projekten und haben u.a. mit „The Vision” einen Song für Klimaprojekte gemacht. Im letzten Jahr war ein Auftritt in Euskirchen geplant, der dann allerdings wegen der Flutkatastrophe abgesagt wurde. In diesem Jahr soll das Konzert auf einer mobilen Bühne nachgeholt werden. Auch eine Tour des Trios nach Norddeutschland soll es geben.

Neben seiner Leidenschaft für Musik hat Joe Bennick auch ein Faible fürs Schreiben. Im Jahr 2016 veröffentlichte der 47-Jährige seinen ersten Roman. In „Erlensee” erzählt er die Geschichte einer besonderen Vater-Sohn-Beziehung und stellt dabei Fragen zu Erbschuld und Verantwortungen zwischen Generationen, die durch Vertreibung ausgelöst wurden. Joe Bennick verarbeitet darin auch Erfahrungen aus dem Verhältnis zu seinem Vater.

Dieser Roman wurde 2019 neu aufgelegt. Zudem hat er inzwischen eine Hörbuchversion davon eingesprochen. Auch einen Band mit Gedichten mit dem Titel „Entfernungen” hat der Autor im vergangenen Jahr vorgelegt. Er ist in Brühl in der Buchhandlung Karola Brockmann erhältlich. In diesem Band stellt er die (englischen) Songtexte der Debut-CD „in close distance” mit den zu Grunde liegenden (deutsche) Gedichten gegenüber. Die aktuelle CD „blossom and gloom” übernimmt dieses Konzept in seinem Booklet.

Lesekonzert in Brühl am 4. September
Wie man Literatur mit Musik verbinden kann, zeigt Joe Bennick darüber hinaus bei seinen „Lesekonzerten”. Darin verbindet er seine Musik mit einer Lesung aus seinen Büchern. „Es entsteht ein kurzweiliges Erlebnis, bei dem die Musik mehr als ein Soundtrack ist und der Roman mehr als eine Erzählung”, meint der Künstler. Im Rahmen des Literaturherbst Rhein-Erft wird er ein Lesekonzert in Brühl geben. Am 4. September wird Joe Bennick in der Galerie am Schloss gastieren. Den Termin sollte man sich unbedingt vormerken.

Weitere Infos und aktuelle Termine von Joe Bennick gibt es auf seiner Homepage unter https://www.joebennick.com/ oder über seine Profile auf Facebook, Instagram oder Youtube. (tg)