„An keinem anderen Tag im Jahr können sich alleinstehende Menschen so einsam fühlen wie an Heiligabend“, meint Angelika Hünerbein. Sie ist zusammen mit Charlotte Weber, Rita Vey und Valeria Aebert die Initiatorin der Aktion „Heiligabend in guter Gesellschaft“. Von 15 bis 20 Uhr sind alle ins Begegnungszentrum margaretaS eingeladen, die den Heiligabend nicht alleine verbringen wollen. Speis und Trank und ein kleines weihnachtliches Programm erwarten die Gäste. Wir haben uns mit den Initiatorinnen unterhalten.


In Köln ist es eine gute, alte Tradition, dass der Alte Wartesaal am Hauptbahnhof am 24. Dezember seine Türen öffnet. Dann steigt dort Kölns größte Weihnachtsfeier für Bedürftige: Die Mitternachtsmission. Dieses schöne Beispiel gelebter Nächstenliebe hat sich bei Angelika Hünerbein eingeprägt. Vor zweieinhalb Jahren ist sie von Köln nach Brühl gezogen. Als ihr bewusst wurde, dass es in der Schlossstadt kein vergleichbares Angebot gibt, wurde sie hellhörig und aktiv.

In Valeria Aebert, der Ehrenamtskoordinatorin der Katholischen Kirche in Brühl, fand sie bereits im April schnell eine Unterstützerin der Idee, auch hier eine große Weihnachtsfeier zu veranstalten. In Brühl richtet sich das Angebot ganz ausdrücklich an alle Menschen, die den Heiligabend lieber in Gesellschaft verbringen möchten. „Jeder soll zu uns kommen können, ganz egal welchen Alters, welcher Konfession oder welchen sozialen Hintergrunds. Niemand soll alleine sein“, sagt Angelika Hünerbein. Nicht nur die Weihnachtsfeier wird ausgerichtet, auch einen Fahrdienst wird es an Heiligabend geben.

Rasch wuchs das Helferteam an. Charlotte Weber und Rita Vey schlossen sich Valeria Aebert und Angelika Hünerbein an und begannen mit der Feinplanung. „Wenn die Premiere der Aktion Heiligabend in guter Gesellschaft erfolgreich verläuft, wovon wir alle ausgehen, werden wir diese Veranstaltung etablieren und auch in den kommenden Jahren anbieten“, sind sich alle einig.
Schon jetzt liegen zahlreiche Anmeldungen vor, mit Minimum 50 bis 60 Gästen rechnen die Initiatorinnen. Wenn es mehr werden sollten, wird selbstverständlich niemand weggeschickt. Auch die Spendenbereitschaft der angefragten Brühler Händler und Institutionen ist enorm. Denn von vorneherein war klar, dass das Angebot für die Gäste kostenlos sein wird.

Viele großzügige Spenden
Daher wurden Spender gesucht und in großem Stil auch gefunden. Zu ihnen zählen der Caterer Metz, der das Essen zu einem eher symbolischen Preis liefert, die Rotarier, der Lions Club, die Wepag, die St. Sebastianus Schützenbruderschaft Brühl von 1442, die Bäckerei Schneider, Taxi Pohl und viele mehr.

Die Gäste können sich an Heiligabend auf einen schönen Nachmittag und Abend freuen. Fünf Stunden lang gibt es von 15 bis 20 Uhr Speis und Trank und ein weihnachtliches Programm. Los geht es mit Kaffee und Gebäck, es gibt Musik und Mitsingmöglichkeiten. Kurze Geschichten und Gedichte werden vorgetragen. Dann folgen ein leckeres mehrgängiges Abendessen und weitere Überraschungen, die an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden.

„Wir wollen die Leute gut unterhalten“, sagt Charlotte Weber. „Sie sollen auch gerne miteinander ins Gespräch kommen.“ Der große Saal im margaretaS wird festlich geschmückt, ein riesiger Weihnachtsbaum aufgestellt. Das Organisationsteam überlegt auch, den historischen Stuhl aus der Sakristei ins maragetaS zu schleppen und in eine Art Vorlesesessel zu verwandeln.

„Das Menschliche soll bei Heiligabend in guter Gesellschaft im Vordergrund stehen“, berichtet Rita Vey. „Wir wollen unseren Gästen unsere Zeit und unser Herz schenken.“ Brühls Pfarrer Jochen Thull hat in Person von Valeria Aebert seine Unterstützung zugesichert, da er selbst wie seine Pfarrerkollegen durch die Vielzahl der Gottesdienste an Weihnachten sehr beschäftigt ist.
Valeria Aebert ist seit acht Jahren die Netzwerkerin der Katholischen Kirche in Brühl. Den Begriff der Ehrenamtskoordinatorin mag sie eigentlich nicht so sehr. Aber bei ihr laufen alle Fäden zusammen. So wenden sich Interessierte, die an Heiligabend kommen wollen, auch am besten per E-Mail (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) oder Telefon (02232-50161-15) an sie. Denn eine Anmeldung ist erwünscht.

„Ich freue mich, dass ich durch meine Netzwerkarbeit Menschen zusammenbringen kann“, sagt die 61-jährige Diplom-Pädagogin, die seit zwanzig Jahren bei der Katholischen Kirche arbeitet und bei vielen weiteren Aktionen und Veranstaltungen in der Weihnachtszeit mitwirkt.

So auch am 2. Weihnachtstag, wenn um 15 Uhr unter dem Motto „Die neuen Nachbarn“ das Flüchtlingscafé stattfindet. Flüchtlinge und ihre Gastgeber sind zu Kaffee und Gebäck eingeladen, rund 50 Gäste werden im margaretaS erwartet.

Doch zurück zum Heiligabend. Angelika Hünerbein, Rita Vey und Charlotte Weber freuen sich schon sehr auf die Verwirklichung ihrer Idee. Alle drei leben selbst alleine und wissen aus eigener Erfahrung um die besondere Situation an Heiligabend. Sie sind in der Katholischen Kirche aktiv im Vorstand (Angelika Hünerbein), im Pfarrgemeinderat (Charlotte Weber) und als „einfaches Mitglied“, wie Rita Vey lachend einräumt. Sie werden am Heiligabend alle mit anpacken und helfen, damit die neue Veranstaltung ein Erfolg wird.

Gelernt, mit dem Alleinsein umzugehen
„Wenn ich nicht bei der Umsetzung mitwirken würde, wäre ich – neugierig wie ich bin – als Gast gekommen“, gesteht Angelika Hünerbein. Die 69 Jahre alte Rechtsanwältin lebt allein und „hat gelernt, damit umzugehen“. Sie wohnt sehr gerne in Brühl und ist angetan von der Freundlichkeit und Herzlichkeit der Menschen.

Auch Charlotte Weber ist alleinstehend. Die 62-Jährige gibt Deutschunterricht und Integrationskurse an der VHS in Brühl. Sie sieht ihre Freunde und Familie an den anderen Weihnachtstagen. Rita Vey ist Bankkauffrau. Die 66-Jährige zog vor vier Jahren nach Brühl. Sie engagiert sich ehrenamtlich und bringt sich in Kursangeboten ein. „Ich freue mich auf gute Gesellschaft und auf die Gelegenheit zu zeigen, dass niemand in Brühl alleine sein muss“, sagt sie.

Tobias Gonscherowski