Jetzt so richtig!“

Anfang der 90er-Jahre landeten „The Pleasure Principle“ mit ihrem Hit „Trip to My Soul“ aus dem gleichnamigen Debütalbum in den Radios. Die Band tourte sogar mit „The Cross“, dem damaligen Rockprojekt des Queen-Schlagzeugers Roger Taylor. 1993 war das Vergnügen jedoch schon wieder vorbei: Es gab Zoff mit der Plattenfirma und sogar ein Protestkonzert auf dem Firmengelände. Die Musiker gründeten anschließend Goya, und fortan wurde auf Deutsch gesungen. 2010 folgte ein erstes Comeback mit dem Doppelalbum „Time Will Flow“, damals wieder unter dem Namen The Pleasure Principle. Nun sind sie wieder da: Unter dem verkürzten Namen Pleasure Principle kehren Alex Flucht, André Gladbach und der gebürtige Brühler Markus Junker zurück auf die Bühne. Am 11. Dezember feiern sie ihr Comeback – im Blue Shell in Köln – mit neuen und alten Songs, frischer Energie und einer ordentlichen Portion Spielfreude.

Im Interview mit dem Bilderbogen erzählen die drei, warum sich das Vergnügen jetzt so richtig lohnt …

BBB: Markus Junker, Sie haben Ihre Jugend in Brühl verbracht – welche Erinnerungen verbinden Sie mit dieser Zeit?

Markus Junker: Ich habe in Brühl eine wirklich schöne Teenagerzeit verbracht. Dort habe ich meine ersten musikalischen Schritte gemacht – mit meinen ersten Bands, zum Beispiel „Chameleon“, und unseren Auftritten im Jugendzentrum. Brühl fühlt sich für mich auch heute noch gut an. Diese Zeit hat mich sehr geprägt und viele tolle Erinnerungen hinterlassen. Mit dem Café Junkers hatte ich allerdings nichts zu tun. Mit etwa 20 Jahren zog es mich dann nach Köln, wo für mich ein neues Kapitel begann – die Musik hatte mich da schon komplett gepackt. Ich hoffe, dass einige Leute aus Brühl zum Konzert kommen.

BBB: Nach so vielen Jahren wieder als Pleasure Principle aktiv zu sein – wie fühlt sich das an?

André Gladbach: Tatsächlich fühlt es sich an, als hätte es nie eine richtige Pause gegeben – wie alte Sandkasten-Kumpel, die sich treffen und sofort wieder intensiv weiterspielen.

BBB: Was hat den Ausschlag gegeben, Goya endgültig zu begraben?

Alex Flucht: Goya war unser Pseudonym, um auf Deutsch Musik zu machen. Im Grunde waren wir aber trotzdem dieselbe Band – nur unter anderer Flagge. Im vergangenen Jahr haben wir in der Ursprungsbesetzung das 30-jährige Jubiläum des alten Goya-Albums mit einem Konzert gefeiert – unter dem Motto „Pleasure spielt Goya“. Dabei haben wir alle deutschsprachigen Songs gespielt.

Gladbach: Schon bei den Proben merkten wir, dass da noch viel Potenzial für neues Material war. In den Dierks Studios haben wir einiges aufgenommen – und dabei nach und nach das Sprachkorsett Deutsch/Englisch abgelegt. Das passierte ganz natürlich, fast beiläufig. Mal passt Deutsch besser, mal Englisch – manchmal sogar beides. Da war das Lustprinzip wieder: Pleasure Principle eben. goYA brauchen wir heute nicht mehr.

Jetzt so richtig!

Junker: Weil wir ursprünglich vor allem die deutschsprachige Phase – also goYA – wiederbeleben wollten. Erst im Laufe der Zeit ergab sich, dass wir auch wieder Lust auf die englischen Songs hatten. Und bei dem Namen Pleasure Principle kann man ja alles machen, worauf man Lust hat.

BBB: War für euch immer klar, dass Pleasure Principle eine Geschichte mit offenem Ende ist?

Gladbach: Ja. Es gab nie ein offizielles Ende, sondern nur ein Schweigen – das irgendwann wieder gebrochen wurde.

BBB: „Trip to my Soul“ war ein kleiner Radiohit der 90er. Wie blickt ihr heute auf diesen Song?

Flucht: In „Trip to my Soul“ geht es um die kleinen und großen Fluchten, die wir alle brauchen, um uns selbst wiederzufinden. Ich halte ihn für einen großartigen Popsong, der heute noch genauso funktioniert wie damals.

Junker: Für uns war der Song wie ein trojanisches Pferd, das uns viele Türen geöffnet hat.

BBB: Könnt ihr euch noch erinnern, wie der Song damals entstanden ist?

Flucht: Musikalisch entstand das Grundgerüst während eines Jams in den allerersten Proben der Bandgeschichte.

Der Text handelt von einem persönlichen „Fluchtversuch“: Nachts Gitarre ins Auto geworfen, an die Nordseeküste gefahren, um den Kopf freizubekommen – mein ganz eigener Trip to my Soul. Hat funktioniert.

BBB: Hat euch der Erfolg dieses Stücks eher beflügelt oder unter Druck gesetzt?

Gladbach: Es war eine Tür, die sich öffnete und uns viel ermöglichte – ein Schlüsselsong, der heute genauso dazugehört wie viele andere Lieblingstitel.

Flucht: Roger Taylor von Queen sagte damals, das könne in England ein Hit werden. Man stelle sich vor, das hätte funktioniert – und wir kämen heute auf Deutsch daher: „Sprach-Dexit! Pleasure Principle jetzt auf Deutsch!“ Das Album wurde in England nie veröffentlicht – vielleicht holen wir das ja jetzt nach. (lacht)

BBB: Ihr spielt Songs auf Deutsch und Englisch – warum?

Flucht: Beides gehört zu unserer Bandgeschichte. Manche Songs funktionieren auf Deutsch besser, andere auf Englisch – wir folgen da einfach dem Gefühl.

BBB: War es rückblickend ein Fehler, Goya zu machen?

Gladbach: Nein, ganz im Gegenteil. Goya hat uns ermöglicht, unseren Sound auch mit deutschen Texten zu verbinden.

Junker: Heute ist der Mix aus beiden Sprachen das, was wir leben und spielen.

BBB: Wie sehr orientiert ihr euch heute an eurem ursprünglichen Sound?

Gladbach: Seit wir wieder in der Ur-Formation zu dritt spielen, orientieren wir uns ganz bewusst an unserem ursprünglichen Sound.

BBB: Spielt ihr bewusst mit Nostalgie – oder interpretiert ihr die alten Songs neu?

Gladbach: Wir spielen unseren eigenen Sound – mit alten und neuen Songs, auf Deutsch und Englisch – und fühlen uns maximal wohl in unserer Geschichte. 

Wie war es, die alten Songs wieder live zu spielen?

Alle zusammen: Herrlich!

Was hat euch dabei am meisten überrascht – die eigene Emotion oder die Publikumsreaktion?

Junker: Es war vom ersten Moment an gegenseitige Freude zu spüren – eine Energie, die sich durch den ganzen Auftritt zog und beide Seiten verbunden hat.

BBB: Wird es außer dem Blue-Shell-Konzert weitere Shows geben – vielleicht sogar ein neues Album?

Gladbach: Ja! Neben dem Konzert am 11. Dezember im Blue Shell sind weitere Shows geplant – und auch ein neues Album ist in Arbeit. Lasst euch überraschen! 

BBB: Wie habt ihr die Musikszene in Köln in den 80ern erlebt?

Flucht: In den frühen 80ern war die Szene überschaubar – man kannte sich, aber es gab keine große gemeinsame Bewegung. Später wurde sie riesig und bunt: Indie, Punk, Pop/Rock, Reggae, Elektro, Jazz – alles war dabei.

Gladbach: Durch Labels wie EMI war immer etwas los. Die Clubszene war spannend, man war ständig unterwegs – entweder selbst auf der Bühne oder bei den Gigs von Kollegen.

Junker: Wir haben uns eher zufällig im Umfeld des Kölner Underground-Clubs wiedergefunden und waren da fast so etwas wie eine Hausband. Aber „die“ Szene war nie ganz unsere Welt – wir standen ein bisschen daneben, kannten aber alle.

BBB: Was hat sich seitdem verändert – technisch, künstlerisch, menschlich?

Gladbach: Heute gibt es weniger Raum für klassische Bandkultur. Alles muss in 30 oder 60 Sekunden erzählt und gezeigt werden – die Aufmerksamkeitsspanne endet nach fünf Zeilen auf dem Telefondisplay.

BBB: Fühlt ihr euch heute noch in einer Szene zu Hause?

Flucht: Das Pleasure-Principle-Raumschiff fliegt wieder durchs Musikall – und wir fühlen uns in unserem eigenen Orbit maximal wohl. Ein bisschen wie früher: Wir waren schon immer lieber unabhängig.

Gibt es Songs, die heute eine neue Bedeutung für euch haben?

Gladbach: Ja, drei neue deutschsprachige Songs bedeuten uns sehr viel.

Flucht: Erschreckend ist aber auch die anhaltende Aktualität von „What Did You Give“ von unserem ersten Album – über die Unsinnigkeit von Kriegen und die Ungerechtigkeit durch Geburt. Leider hat sich daran bis heute nichts zum Positiven verändert.

BBB: Soll Pleasure Principle jetzt endgültig wieder neu leuchten?

Flucht: Aber sowas von! Pleasure Principle – Sternengefühl!

Von Reinhard Franke