„Phantasialand-Bebauungsplanverfahren anstoßen“
Dr. Marc Prokop war der klare Gewinner der Bürgermeisterwahl. Mit 47 Prozent der Stimmen verfehlte er aber im ersten Wahlgang knapp die absolute Mehrheit und muss sich nun seiner Herausforderin Simone Holderried in der Stichwahl am 28. September stellen.

BBB: Herr Prokop, wie denken Sie über die Erweiterungspläne des Phantasialands?
Dr. Marc Prokop: Ich will Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz in die Diskussion bringen. Dafür müssen wir das Bebauungsplanverfahren für eine Erweiterung endlich anstoßen. Nur dieses Verfahren ist dazu geeignet, alle Belange der gesamten Stadtgesellschaft ergebnisoffen in die Diskussion zu bringen. Dazu gehören die Umwelt- und Naturschutzbelange genauso wie die Anliegen des Phantasialandes und der Anwohner. Deswegen müssen wir das Moratorium beenden und das B-Plan-Verfahren zügig mit einem „Runden Tisch Phantasialand“ (inklusive Umweltverbänden und Anwohnerschaft) starten. Noch mal ganz klar: Folgende Voraussetzungen müssen eingehalten werden: Höchste Umweltstandards, belastbares Starkregen-/Versiegelungsgutachten, klare Verkehrslenkung zum Schutz von Badorf/Pingsdorf. Das Phantasialand ist ein touristischer Leuchtturm und Arbeitgeber (mit mehr als 1.800 Jobs); die Entwicklung muss im Einklang mit Stadtgesellschaft und Natur stehen.
BBB: Wo sehen Sie Einsparpotenzial im Brühler Haushalt?
Prokop: Soforteffekte sehe ich beim Auslaufen stark subventionierter Angebote (Leihräder/„Lastenesel“), beim „Lichten“ des Schilderwalds und durch Vermeidung von Projekten mit unkalkulierbaren Risiken. Auch die gesamten Personalausgaben müssen auf den Prüfstand. Mittel- bis langfristig: Wir brauchen mehr Digitalisierung und KI für Standardprozesse (Perspektive: kw-Stellen), digitale Bauanträge, zentrale Rechenzentrums-Lösungen statt teurer Insellösungen. Bei Großvorhaben (z. B. die neue Feuerwache) müssen wir Einsparoptionen aktiv heben. Die Ausgaben bei Kultur/Soziales bleiben erhalten, aber mit intelligentem Controlling statt teurer, ideologiegetriebener Gutachten.
BBB: Welche freiwilligen städtischen Angebote sind unverzichtbar für Brühl?
Prokop: Brühls Identität lebt von Kultur, Sport und Bildung. Die Stadtbibliothek ist ein zentraler Begegnungsort. Die Kunst- und Musikschule sehe ich als Kern kultureller Bildung, die ich finanziell nachhaltig aufstellen möchte. Das ZOOM Kino wird weiter unterstützt. Ich setze mich für eine starke Vereinsförderung inklusive „Sport-Groschen“ ein. Das Karlsbad werden wir erhalten, genauso wie die Schwimmförderung, Stichwort „Jedem Kind ein Seepferdchen“. Diese Angebote sind zugleich Standortfaktor für Familien, Fachkräfte und Tourismus – deshalb werde ich sie schützen und strategisch weiterentwickeln.
BBB: Welche Position vertreten Sie zur Zukunft des Belvedere-Parkplatzes?
Prokop: Mit mir gibt es keinen Abbau von Parkraum, bevor es nicht eine integrierte Lösung mit dem Schlüsselareal „Wicke-Gelände“ gibt. Parallel müssen eine konsequente Parkraumüberwachung auf der Kölnstraße, auf dem Zuweg zum Belvedere und ein offener Beteiligungsprozess für die künftige Ausgestaltung erfolgen – denkbar in Verbindung mit sozialen Nutzungen wie z. B. Für Pflege/Mehrgeneration im Wicke-Konzept.
BBB: Wie sehen Sie die Zukunft der Brühler Schullandschaft?
Prokop: Ich werde alle Schulformen in Brühl sichern und bedarfsgerecht ausbauen und werde den OGS-Ausbau verlässlich gewährleisten durch Kooperationen mit Vereinen oder der Kunst- und Musikschule. Die digitale Ausstattung will ich aktuell halten, die Berufsorientierung stärken inklusive einer Ausbildungsplatzgarantie an der Clemens-August-Hauptschule. Förderschulen (Pestalozzi, Maria-Montessori) werde ich gezielt unterstützen. Der Arbeitskreis Schulentwicklung wird fortgeführt, um Schulen, Eltern und Politik dauerhaft zu vernetzen.
BBB: Welche strukturellen Verbesserungsvorschläge haben Sie für die Brühler Gewerbegebiete?
Prokop: Ich werde mich dafür einsetzen, das Gewerbegebiet Nord-Ost mit einem Rahmenkonzept unter funktionalen, ökologischen und wirtschaftlichen Kriterien neu zu strukturieren. Ich denke da an eine schrittweise Umnutzung und Verdichtung sowie eine moderne Erschließung. Industrie- und Gewerbeflächen müssen wir von Beginn an mit sehr schnellen Datennetzen anbinden. Es gilt auch die ÖPNV-Anbindung zu prüfen und eventuell die Bahnverbindung Brühl–Wesseling mit Halt in Brühl-Ost zu reaktivieren. P&R muss ausgebaut werden, LKW-Routen klar geführt werden. Leerstände möchte ich aktiv an Gründer vermitteln. Weitere Ideen von mir sind die Vernetzung des Start-up-Ökosystems sowie ein Standortmarketing mit der Schaffung des „Green Business Award“ als Profilierung.
BBB: Haben Sie genug gegen den Rechtsruck und die AfD getan?
Prokop: Mein Kompass ist klar: Ich bin gegen jeden Extremismus – von rechts wie von links oder religiös motiviert. Aber die Parteien der Mitte sind in der Pflicht, dass sie die Sorgen der Menschen ernst nehmen, anstatt sie kleinzureden. Sonst fühlen sie sich zu Recht nicht ernst genommen und wählen extreme Parteien. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Wirtschaft und das Sicherheitsgefühl in Brühl wieder wachsen und die Haushaltsausgaben und die Verschuldung sinken – und nicht andersherum wie bei rot-grün. Konkret setze ich auf ein modernes Sicherheitskonzept aus Präsenz, Prävention und starken Ordnungspartnerschaften (Ordnungsamt/Polizei, digitale Einsatzplanung). Ich setze auf Präventionsarbeit in Schulen und Vereinen (u. a. Gewaltprävention, Cyberkriminalität, Opferschutz) und auf Integration mit Beteiligungsformaten statt Symbolpolitik – für Zusammenhalt statt Spaltung. Für eine bessere Wirkung aller Maßnahmen braucht es eine moderne, bürgernahe Verwaltung mit klaren Zuständigkeiten, Personalentwicklung und messbarer Servicequalität bei Erreichbarkeit online und auch persönlich.