Jahrgang 2005
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Bei den Ausgaben der letzten zwei Jahre wurde eine Zeitreise unternommen, die sowohl die Lebensstationen des Künstlers als auch die Bedeutung seiner Werke beleuchtete. Bis zur Eröffnung des Max Ernst Museums soll nun mit einer weiteren Serie der Einzug der Kunst begleitet werden, wobei bereits Vertrautes, aber auch überraschend Neues vorgestellt wird.


Das erste Werk, das im Museum einen neuen Aufstellungsort fand, war Big Brother”. Der knapp 400 kg schwere Bronzeguss gehört zum Skulpturen-Konvolut, den die Kreissparkasse erwerben konnte. Am Rand der Basis ist die Signatur des Künstlers zu finden sowie die Exemplar-Nummer 1/8”. Durch eine weitere Bezeichnung wird darauf hingewiesen, dass diese Bronze 2002 von der Gießerei Susse Fondeur in Paris hergestellt wurde. Nach dem Transport in die Geburtsstadt des Künstlers stand der Große Bruder” zwei Jahre im Park von Schloss Augustusburg. Hier beim Kuckuckstor und nicht weit vom Geburtshaus entfernt wurde er von den Brühlerinnen und Brühlern, von den Besuchern der Stadt und des Schlosses herzlichst begrüßt und von Kindern spontan besetzt. Nach Abschluss der Bauarbeiten am Benediktusheim konnte er – nun auf dem Plateau des Museums stehend – den Gruß erwidern und die Gäste, die am 12. September 2004 zum Tag des offenen Denkmals” gekommen waren, in seiner Heimat der Kunst willkommen heißen.


Die Fläche vor dem Museum, die scheinbar schwerelos in und über der Umgebung schwebt, weist darauf unmissverständlich hin. Hier wird die Natur, das Leben wie auf einer Schaubühne gespiegelt. Die Kunst von Max Ernst ist kein Abbild, sondern eine Aussage, ein Kommentar. Die philosophischen Anmerkungen des Künstlers sind im romantischen Sinne ironisch distanziert, benötigen ein sehendes und ein verstehendes Auge.


"Big Brother is watching you!"

Der Große Bruder” ist durch den Satz Big Brother is watching you!“ aus dem Roman 1984” von George Orwell bekannt und steht für den totalitären Staat. Er wird von zwei hockenden Figuren flankiert, die mit Seraphine Cherub” und Seraph der Neuling” betitelt sind, also zwei Engel darstellen. Staatsgewalt und kirchliche Macht bilden zusammen – so der Name der Dreiergruppe – das Lehrerkollegium einer Schule für Totschläger”. Alle drei Figuren können nichts sehen. Die Augen des männlichen Engels sind verbunden, der weibliche Engel und der Große Bruder” haben zwar kreisrunde Augenlöcher‚ aber diese sind miteinander verbunden. Ihr Sehen ist ohne Resonanz, der Blick ist weder der Wirklichkeit noch der Phantasie zugewandt und führt ins Leere.


Dieses Lehrerkollegium, das nur ein blindes Sehen vermittelt, sollte kein Vorbild sein, denn hier sind lediglich Repräsentanten einen falsch verstandenen Obrigkeit versam-melt. Das Denkmal, das Max Ernst ihnen setzt, ist ein im Geiste Dadas spöttisches und im surrealistischen Sinne Gegensätze verschmelzendes Anti-Monument.

Dr. Jürgen Pech

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