Jahrgang 2006
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Während des Studiums an der Bonner Universität, das Max Ernst mit seiner Immatrikulation am 20. April 1910 begonnen hatte, nahm der Anteil der Kunstgeschichte einen immer breiteren Raum ein.
 
Für dieses Fach legte Geheimrat Paul Clemen, seit 1902 Nachfolger von Carl Justi‚ am 3. Mai 1911 ein Besucherbuch an und eröffnete es mit den Zeilen: "Die Besucher des Kunsthistorischen Instituts werden gebeten, sich bei jedesmaligen Betreten des Studiensaales in dieses Buch einzutragen." Ab dem Wintersemester 1913/14 wurde dann ein "Verzeichnis der Inhaber von Schubladenschlüsseln des neuen Instituts" angefügt. Nach der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, die Max Ernst anlässlich seines 80. Geburtstages am 8. Mai 1972 erhalten hatte, wurde dieses Buch wieder aufgefunden. Eduard Trier, der als Kunsthistoriker und langjähriger Freund des Künstlers die Laudatio zur Ehrenpromotion hielt, nutzte diese Quelle für seinen überaus informativen und kenntnisreichen Text ,Was Max Ernst studiert hat' von 1979. Darin heißt es:
 
"Im Kunsthistorischen Institut erschien Max Ernst während des ganzen Semesters und auch im anschließenden Wintersemester 1912/13 sehr oft und regelmäßig, obwohl er doch - seit 1911 in Kontakt mit dem nach Bonn übergesiedelten Maler August Macke - in den Sommermonaten 1912 mehr an der Kölner Sonderbund-Ausstellung (25.5. bis 30.9.1912) sowie an einer Futuristen-Ausstellung in der Kölner Galerie Feldmann interessiert gewesen sein dürfte als am Vorlesungsbetrieb und in eben diesem Jahre beschlossen hatte, Maler zu werden. Dessen ungeachtet belegte Max Ernst im Wintersemester 1912/13 drei philologische Vorlesungen, ferner drei kunsthistorische Veranstaltungen bei Paul Clemen, von denen er allerdings zwei schon einmal gehört hatte, was auf eine gewissen Nonchalance des Studenten Max Ernst schließen läßt. … Übrigens spiegelt sich die private Biographie Max Ernst ebenfalls während des Wintersemesters 1912/13 im Buch der Schubladenschlüsselinhaber: am 5. November 1912 trug sich zum ersten Male Luise Straus, die seit Ostern 1912 in Bonn Kunstgeschichte studierte, als anwesend ein. In der Folge erscheint ihr Name seht häufig, meist zusammen mit dem von Max Ernst, obwohl sie sich wahrscheinlich erst im Sommer 1914 so nahe kamen, daß sie während des Ersten Weltkrieges heirateten."
 
"Hallo" als ironischer Kommentar
 
Die Seite mit den Eintragungen vom 17. bis 22. Januar 1913 dokumentiert eine solche Begegnung für den 18. Januar. Zwei Tage später fällt unter dem 20. Januar ein überaus groß geschriebener Name auf. Johannes Schumacher war ein zehn Jahre älterer Kommilitone von Max Ernst, der bereits Ende Juli des Vorjahres sein Rigorosum bestanden hatte, dessen Dissertation über die ,Einführung und Entwicklung der gotischen Architektur in Cöln und seinem Bezirke' jedoch erst ein Jahr später gedruckt vorlag. Max Ernst, der am folgenden Tag den Studiensaal besuchte, fügte an den letzten Buchstaben des beeindruckenden Namens ein kleines "Hallo" als ironischen Kommentar an. Als weiterer Name ist auf dieser Seite Carola Welcker zu entdecken. Sie gehörte damals zu den jüngeren Semestern, stand über Jahrzehnte hin in Kontakt mit Max Ernst und veröffentlichte 1955 unter dem Namen Carola Giedion-Welcker ihre thematisch ausgerichtete Überblicksdarstellung ,Plastik des XX. Jahrhunderts. Volumen- und Raumgestaltung'. In ihrem Text für die Max Ernst-Retrospektive im Kölner Wallraf-Richartz-Museum formulierte sie 1962 als grundsätzliche Einschätzung, dass seine Kunst "eines der genialsten modernen Abenteuer des Geistes und der Gestaltung" bleibe.
 

 

 

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