Jahrgang 2008
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Teil 1: Gedanken zur Innenstadtentwicklung

(ag) Der Frühling steht vor der Tür, und es kommt langsam die sonnige und warme Zeit, in der die Brühler wieder nach Lust und Laune durch ihr geliebtes, kleines Städtchen flanieren. Bei unseren Umfragen und Interviews stellen wir immer wieder fest: Die Brühler fühlen sich wohl hier. Alles ist überschaubar, und jeder kennt jeden. Alles ist gut in Brühl, oder?

In all der kleinstädtischen Harmonie fällt die Gratwanderung zwischen euphorisch-optimistischen und konstruktiven, kritischen Journalismus zuweilen schwer. Man kennt die vielen Verantwortlichen, die sich um die Zukunft von Brühl täglich bemühen. Da gibt es die Politik, die Stadtverwaltung, Vereine und Institutionen, viele engagierte Brühler Unternehmer und die Brühler Medienlandschaft.

Haben Sie auch manchmal den Eindruck, dass sich Brühl momentan kollektiv eine ruhige Zeit verschrieben hat? Vielleicht befinden wir uns ja allesamt noch im Winterschlaf oder leiden an den Folgen einer kurzen und heftigen Karnevalssession. Wie auch immer. Zwischen glückseliger Ruhe und Tiefschlaf liegt nur ein kleiner Schritt, und der Brühler Bilderbogen wird deshalb in den nächsten Ausgaben zu unterschiedlichen Themen Stellung beziehen. Das wird nicht ganz ohne Eigennutz geschehen, denn die Voraussetzung für unser Kulturmagazin ist eine „gesunde Stadt“.

 

Den Motor für eine gesunde Stadt bilden die Steuereinnahmen aus florierendem Einzelhandel, einem breitgefächerten Dienstleistungsangebot, expandierenden Handwerksbetrieben und mittelständischer Industrie, wobei viele Rahmenbedingungen von den politischen Entscheidungsträgern vorgegeben werden. Im Großraum Köln/ Bonn ist der wirtschaftliche Wettbewerb unter den Städten besonders groß. Wer einmal nach Bornheim, Erftstadt, Wesseling oder Hürth fährt, wird völlig unterschiedliche Entwicklungsstufen der Städte entdecken können. Jede Stadt möchte ihren Einzugsbereich in Hinsicht auf kaufkräftige Konsumenten vergrößern. Deren Anzahl ist jedoch begrenzt, und somit findet auf breiter Basis ein regionaler Verdrängungswettbewerb statt. Attraktivität der Innenstädte ist hier das Zauberwort. Unsere historisch gewachsene Stadt Brühl besitzt in diesem Wettbewerb vergleichsweise gute Karten und eine positive Perspektive. Ob das so bleibt, ist eng mit den Erfolgen von realisierten Projekten verbunden. Werden Trends gesetzt oder Trends schlecht kopiert?

 

Giesler-Galerie

Nach über einem Jahr reicht der tägliche Blick auf das Parkdeck, das Angebot, die Publikumsströme und die Geschäftigkeit an den Kassen, um emotional ein Urteil über Erfolg oder Misserfolg fällen zu können. Zum Glück sind es allem Anschein nach die großen Filialisten in der Giesler-Galerie, die bisher über den finanziell wichtigen „langen Atem“ verfügen und unter diesen Bedingungen wirtschaften können. Wer dem Brühler „aufs Maul schaut“, hört die Namensgebungen wie „Hartz IV-Galerie“ für die Worthülse „Fachmarktzentrum“. Dem traditionellem Brühler Einzelhandel in unmittelbarer Nähe hat es zum Glück wohl eher genützt als geschadet, denn mit der Galerie wurde der nötige Parkraum geschaffen, den der Brühler dankend angenommen hat. Sicher, es kommen jetzt mehr Kunden aus dem Umland nach Brühl. Gut für den Einzelhandel, aber auch gut genug für die Giesler-Galerie, um schwarze Zahlen zu erwirtschaften? Wer der Meinung vertritt, dass das vorher befürchtete Verkehrschaos ausgeblieben ist, muss sich die Frage stellen, ob die erwarteten Kundenströme aus dem Umland überhaupt in Brühl eingetroffen sind. Seit einem Jahr stehen bis auf wenige Wochen zwei Ladenflächen in der Galerie leer. Im gesamten Bürogebäudekomplex in Richtung Krankenhaus hängen nach wie vor die grauen Stromkabel aus der Decke, während in kürzester Zeit das Bürogebäude am Stern saniert und wieder komplett vermietet wurde.

 

Was sich in Brühl durch die Park- und Nahverkehrsituation am Standort Giesler-Galerie geändert hat, ist die Kundenfrequenz in den einzelnen Einkaufsstraßen. Profitiert hat zweifelsfrei der obere Teil der Uhlstraße. Verlierer sind allem Anschein nach der Balthasar-Neumann-Platz und die Kölnstraße. Diese Situation war vorher absehbar und wurde für den Erfolg eines innerstädtischen Fachmarktzentrums billigend in Kauf genommen.

 

Nun kann man aber heute durchaus die Meinung vertreten, dass der Galerie-Riese hinsichtlich der Kundenfrequenz und Kaufkraftbindung strauchelt und alt eingesessene Platzhirsche Marktanteile und Konsumentengunst wieder zurück erobern. Woran kann es liegen? Schön geredet wurde die Giesler-Galerie doch mehr als genug.

 

Während andernorts effektive Center-Managements für die Gunst des Umlandes installiert sind, handeln die Filialisten in der Giesler-Galerie in Punkto Marketing allein für sich selbst. Es gibt auch kein Alleinstellungsmerkmal für das gesamte Angebot der Galerie. Im Radius von wenigen hundert Metern findet der Kunde im Brühler Einzelhandel das gleiche, bestenfalls auch höherwertige Angebot an Ware.

Wenn man sich also von dem Gedanken verabschieden muss, dass die Giesler-Galerie der Heilsbringer für die Zukunft des Brühler Einzelhandels ist, muss man ganz schnell andere Pferde in Brühl satteln.

Mehr dazu in unsere nächsten Ausgabe.

 

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