Jahrgang 2009
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Freytag ist keine ernsthafte Alternative zu Kreuzberg“

Michael vom Hagen kandidiert erstmals für das Amt des Bürgermeisters. Der 45-Jährige verheiratete Vater einer Tochter ist seit 2004 Fraktionsvorsitzender der Grünen. Er arbeitet als Einkäufer bei der Renault Deutschland AG.


BBB: Herr vom Hagen, wie fällt Ihr Fazit der letzten Legislaturperiode in Brühl aus? Waren es fünf gute Jahre für die Stadt?

Michael vom Hagen: Die letzten fünf Jahre waren eher eine durchwachsene Zeit. Aus grüner Sicht haben wir es aber geschafft, einige Forderungen aus der Opposition durchzusetzen, wie z.B. den Ökostrom, den die Stadt Brühl jetzt für ihre Gebäude bezieht, oder die Schulneubauten, bei denen ökologische Aspekte berücksichtigt wurden. Gerade die so genannten Prestigeobjekte des Bürgermeisters haben die positive Entwicklung Brühls nachhaltig getrübt. Was als Erfolg verkauft wird, hat sich als Flop erwiesen und Brühl eine Menge Geld gekostet. Das Parkleitsystem funktioniert bis heute nicht. Der Franziskanerhof, der laut Bürgermeister und CDU ein belebter Platz werden würde, erinnert an eine Geisterstadt. Oder die Giesler-Galerie, das Lieblingsprojekt des Bürgermeisters. Da gibt es Leerstände. Sie hat für ein Verkehrschaos in der südlichen Innenstadt gesorgt. Unsere Alternative zur Giesler-Galerie mit einer Mischung aus Einzelhandel und Geschosswohnungsbau war besser. Bei der Giesler-Galerie hat sich der Bürgermeister dem Investor an den Hals geworfen und sich die Bedingungen diktieren lassen. Und schließlich auch das Max Ernst Museum. Da können wir drei Kreuze machen, dass der LVR uns das abgekauft hat. Die Zeiten des großen Jubels über Zuschauerzahlen sind vorbei, die Sonderausstellungen spielen das Geld nicht ein.

BBB: Wo setzen die Grünen die Wahlkampfschwerpunkte?

vom Hagen: Wir werden uns nach wie vor für die Umwelt einsetzen und auch in Brühl unseren Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Das muss auch bei den Planungen sowohl von städtischen Bauten als auch von Ein- oder Mehrfamilienhäusern berücksichtigt werden. Wir müssen ferner dem demografischen Wandel Rechnung tragen und dafür sorgen, dass alle Bevölkerungsgruppen einen barrierefreien Zugang zum ÖPNV haben. Und anstatt neuer Wohngebieten für Einfamilienhäuser junger Familien muss auch der innerstädtische Geschosswohnungsbau verstärkt werden. Wir wollen weiterhin den Erhalt der katholischen Familienberatungsstelle, wir wollen Angebote für Jugendliche nicht nur im neuen Jugendzentrum, sondern auch Streetworkingangebote, wir brauchen einen Busparkplatz. Und wenn wir Brühl als Tourismusstadt ausbauen wollen, muss der Bahnhof als Ausgangspunkt zumindest öffentliche Toiletten und einen vernünftigen Kiosk haben. Auch die Radstation ist gnadenlos ausgebucht. Überhaupt hat der Bürgermeister nichts für Brühl als fahrradfreundliche Stadt getan, alle Errungenschaften wurden von rot/grün umgesetzt. Es gibt ja auch keinen Mobilitätsbeauftragten mehr.


BBB: Mit welcher Koalitionszusage gehen die Grünen in die Wahl? Und warum haben die Grünen einen eigenen Kandidaten aufgestellt?

vom Hagen: Wir brauchen keine Koalitionsaussage zu machen. Einen eigenen Kandidaten haben wir aufgestellt, weil es längst Zeit für einen Wechsel an der Führungsspitze der Verwaltung ist. Der SPD-Kandidat Dieter Freytag ist keine wirkliche Alternative zu Bürgermeister Kreuzberg. Seit 16 Jahren ist er Kämmerer der Stadt Brühl, in den letzten zehn Jahren unter Kreuzberg. Er hat es trotz seiner exponierten Position im Verwaltungsvorstand nicht geschafft, neue Impulse in der Verwaltung zu positionieren. Ich bezweifle, dass Freytag ernsthaft dem Bürgermeister die Stirn bieten kann. Er kann es sich nicht erlauben, ihm auf die Füße zu treten. Er ist kein ernsthafter Aspirant auf das Bürgermeisteramt.


BBB: Was kann die Politik für den Wirtschaftsstandort Brühl tun?

vom Hagen: Da spielen weiche Standortfaktoren eine Rolle. Brühl hat einen überdurchschnittlich hohen Wohnwert, ein hohes Kulturangebot, eine attraktive Verkehrsanbindung. Brühl hat aber keine großen Flächen. Und die Unternehmen haben gegenwärtig andere Probleme, als das, wo sie sich ansiedeln sollen. Die Wirtschaftsförderung muss sehr aktiv bleiben, darf aber auch nicht jeder Anfrage bedenkenlos zustimmen.


BBB: Was sollte Ihrer Meinung nach mit den Geldern aus dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung in Brühl geschehen?

vom Hagen: Damit sollten wir die Schulbauten verbessern und für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden sorgen. Wir sollten den Ausbau von barrierefreien Bushaltestellen vorantreiben. Es muss eine Prioritätenliste des Gebäudemanagements geben.


BBB: Wie bewerten Sie die gegenwärtige Situation des Brühler Einzelhandels und speziell der Kölnstraße?

vom Hagen: Das größte Problem der Kölnstraße sind die Leute, die verkehrswidrig parken. Die Bußgelder wirken nicht. Wir haben dort viele Leerstände teilweise großer Flächen, die Seuche breitet sich aus. Wir haben bei der Kölnstraße die Wahl zwischen Pest und Cholera. Da haben sich Generationen von Ratsleuten die Zähne ausgebissen. Eine Fußgängerzone wäre gut für sie, aber das ist wegen des Belvedere-Parkplatzes nicht durchsetzbar. Ab 2010 können wir den Belvedere neu gestalten. Da sollen sich die Stadtplaner austoben, vielleicht sollten wir einen Architektenwettbewerb ausschreiben. Klar ist, dass es nicht so bleiben kann, wie es ist, wir sind offen für viele Möglichkeiten.


BBB: Was wurde vernachlässigt?

vom Hagen: Ich gebe offen zu, dass wir uns in der letzten Legislaturperiode oftmals vom Bürgermeister haben hinhalten und vertrösten lassen. Wir haben es versäumt, bei machen Themen intensiver nachzuhaken. Wir hätten mehr im Verkehrsbereich auf die Überplanung der Pingsdorfer Straße, auf Erhaltung und Ausbau des Fahrradnetzes und des Stadtbussystems drängen sollen. Auf das von uns geforderte Parkraumbewirtschaftungskonzept für die Innenstadt warten wir nun auch schon seit fünf Jahren. Wir sind mit fünf voll berufstätigen Ratsmitgliedern die zweitkleinste Fraktion und haben dafür eine hervorragende Arbeit gemacht. Im letzten Jahr wurde die grüne Politik leider auch stark durch die Erkrankung und den Tod unseres Fraktionsmitgliedes und der Sprecherin des Brühler Stadtverbandes, Renate Schönhütte, beeinflusst.

Interview: Tobias Gonscherowski




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