Jahrgang 2010
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„Museum im Kern erhalten, aber auch neue Akzente setzen”

Die Brühler Museumsgesellschaft hat kürzlich den notwendig gewordenen personellen Neuanfang bekanntgegeben. Nach dem Tod von Günter Krüger vor einem Jahr treten nun Dr. Julia Rücker und Gerald Volker Grimm das Erbe des langjährigen Museumsleiters an. Während sich der Kunsthistoriker und Archäologe Grimm um das Museum für Alltagsgeschichte kümmert, zeichnet die Brühlerin Archäologin Julia Rücker für das Keramikmuseum verantwortlich. Wir haben uns mit ihr zum persönlichen Gespräch getroffen.

„Der Kern der beiden Museen bleibt erhalten“, versichert Julia Rücker gleich zu Beginn des Gesprächs. „Es sind noch die Häuser von Günter Krüger, seine Sammlung bleibt. Aber wir werden zukünftig auch eigene Akzente setzen. Es wird Neuerungen geben, um die Museen zu beleben. Im Keramikmusuem wird der geschichtliche Aspekt sicherlich noch etwas mehr in den Vordergrund gerückt.“ Im Moment beschäftigen sich die beiden neuen Museumsleiter zusammen mit ihrem Team damit, die umfangreichen Sammlungen zu inventarisieren und eine große Ausstellung vorzubereiten.

Seit drei Jahren wohnt die 1971 in Münster geborene verheiratete Mutter einer kleinen Tochter in Brühl. In Alfter bei Bonn aufgewachsen studierte Julia Rücker in Bonn und Berlin Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie mit dem Schwerpunkt der Bronze- und Eisenzeit. Bereits als Kind wurde ihre Interesse für die Archäologie geweckt, besonders bei einem Familienurlaub in Ägypten. „Die Keramik ist für Archäologen ein Leitfossil“, sagt sie. „Sie ist am besten erhalten und lässt sich gut datieren. Das Organische ist vergangen, aber Keramik, Steingeräte oder Metalle bleiben erhalten.“ Schon parallel zum Studium und auch nach Abschluss ihres Studiums war sie an vielen Ausgrabungen beteiligt, in vielen Teilen Deutschlands: in Brandenburg, in der Lausitz, in Bayern und auch in Brühl.

„Ich habe schon selbst Brühler Keramik ausgegraben“, erzählt Julia Rücker, die damals die archäologische Voruntersuchung anlässlich der Bauarbeiten am Franziskanerhof leitete. „Wir haben Suchschnitte angelegt, um den Stadtgraben und die Stadtmauer zu lokalisieren. Den Graben haben wir gefunden, die Mauer nicht.“ Auch in Brühl-Eckdorf wurde die 38-Jährige, die damals bei dem Duisburger Unternehmen „archaeologie.de“ beschäftigt war und inzwischen selbständig ist, spektakulär fündig. Karolingische Ringöfen wurden entdeckt. Ein vollständig erhaltenes Feuergitter eines Steinzeugofens, das in der Giesler-Galerie ausgestellt ist, stammt vom Franziskanerhof.

 

Anerkennung für das Keramikmuseum

Die Arbeit machte ihr großen Spaß, auch wenn bei Ausgrabungen meistens unter Zeitdruck gearbeitet werden muss. Viel mehr als vier Wochen bleiben den Archäologen nicht. Und gerade in Brühl im Bereich der Uhlstraße sind die Überreste der einstmals großen Brühler Töpfertradition überall gegenwärtig. Wobei auch häufig Ausschussware oder Fehlbrände gefunden werden. Das alles wusste Julia Rücker bereits. Dass die Brühler Museumsgesellschaft als Träger der beiden in der Kempishofstraße gelegenen Brühler Museen nach einer neue Museumsleitung Ausschau hielt, das wusste sie nicht.

„Ich wurde von einer Nachbarin darauf angesprochen, dass neue Leiter für die Museen gesucht wurden“, erzählt Julia Rücker. „Das hat mich sehr interessiert, da ich mich gerne in Brühl engagieren wollte. Das Museum war mir schon ein Begriff.“ Auch den langjährigen Museumsleiter Günter Krüger hat sie gekannt. Wenn auch nur flüchtig, wie sie sich erinnert: „Er hat mich damals einmal bei einer Ausgrabung in Brühl besucht und sich mit mir unterhalten.“

Viel Arbeit kommt auf die beiden nahezu ehrenamtlich arbeitenden „Museumschefs“ zu. „Günter Krüger hat das alles gesammelt, wir müssen es jetzt pflegen und inventarisieren“, sagt Julia Rücker. Sie strebt eine Aufnahme des Keramikmuseums in den Museumskreis „Rheinische Keramik“ an, für den noch einige wissenschaftliche Voraussetzungen geschaffen und Aufnahmekriterien erfüllt werden müssen.

Doch das Brühler Keramikmuseum erfreut sich bereits jetzt einiger Anerkennung. So flatterte kürzlich eine Anfrage des Aalener Limes Museums ins Haus, das das Brühler Exponat „Ziegel mit Mühlespiel und Legionsstempel“ für die Ausstellung „Ton und Technik, römische Ziegel“ anforderte. Und auch eine eigene Ausstellung der beiden Brühler Museen wird es in Kürze geben.

 

Ausstellung „Das Unauslöschliche”

Ab dem 17. April wird im Kreuzgang des Rathauses die Ausstellung „Das Unauslöschliche“ gezeigt, die noch vom damals bereits erkrankten Günter Krüger konzipiert wurde. Sie beschäftigt sich mit den vier Säulen der Brühler Stadtgeschichte, die im April ihr 725-jähriges Jubiläum feiert. Die vier Säulen sind die Vergabe der Stadtrechte, die Keramik und Töpferei, die Zeit Clemens Augusts und des Schlossbaus sowie die Braunkohleepoche. Nach dem Tod Günter Krügers, der das Unausweichliche nicht wahrhaben wollte und seinen Nachlass nicht hinreichend geregelt hatte, musste das engagiert ehrenamtlich tätige Team der Museumsgesellschaft, zu dem auch der Geschäftsführer Dieter Kraus sowie die Beigeordneten Dr. Jutta Becher und Helga Kühn-Mengel gehören, große Anstrengungen unternehmen, um die Ausstellung zu realisieren.

„Wir haben den Betrieb aufrecht erhalten, sind für die Öffentlichkeit zugänglich und haben bewiesen, dass wir nicht im Dornröschenschlaf stecken“, sagt Dr. Dietrich Bollmann, der seit zwei Jahren für die Finanzen der Museumsgesellschaft zuständig ist. 82 Mitglieder zählt sie derzeit, finanziert wird sie durch die Stadt Brühl, zahlreiche Spenden und die Beiträge ihrer Mitglieder (35 Euro im Jahr). Der Etat beläuft sich auf vergleichsweise bescheidene 10.000 Euro.

Die Ausstellung im Rathaus ist der Beitrag der Museumsgesellschaft zum Stadtjubiläum und so etwas wie eine „Günter-Krüger-Gedächtnisausstellung“. Interessante Exponate werden in 13 Vitrinen zu sehen sein, ein Bezug zum Denken der damaligen Zeit wird hergestellt, versucht nachzuzeichnen, wie die Menschen damals gelebt, was sie erlitten haben.

Im Keramikmuseum soll sich nach den Vorstellungen von Julia Rücker in den kommenden Monaten auch neben bewährten Veranstaltungen wie den Töpferangeboten von Claudia Ufer Einiges tun. „Claudia Ufer belebt mit ihren Töpferkursen das Museum ungemein. So gibt es hier nicht nur Exponate zu sehen. Hier entsteht auch etwas. Zusätzlich möchte ich eine Vortragsreihe über archäologische Neufunde starten“, berichtet die Museumsleiterin. „Wir möchten die Menschen über neue Erkenntnisse zum Töpfereizentrum Brühl informieren.“ Angedacht ist auch eine Ausweitung der Öffnungszeiten. Derzeit sind die beiden Museen Mittwoch und Samstag von 14 bis 17 Uhr und Sonntag von 11 bis 13 Uhr und von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Darüber hinaus kann das Keramikmuseum auch für geschlossene Gesellschaften gebucht werden. Weitere Informationen gibt es unter www.bruehler-museumsinsel.de.

Tobias Gonscherowski

 

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