Jahrgang 2012
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Im sechsten Jahr ihres Bestehens widmet die [galerie.bruehl] erstmals einem Brühler Fotografen eine Einzelausstellung. Unter dem Titel „The World in my Eyes“ stellt der unter dem Künstlernamen J.R.M. bekannte Fotograf rund vierzig (meist) Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus. „Das Werk von J.R.M. besticht durch eine schonungslose Ehrlichkeit, die keinen Betrachter unberührt lässt“, sagt die Ausstellungsmacherin Nicole Ritter über Bilder, die die Kraft haben zu polarisieren.
Zentrales Thema bei J.R.M. sind Menschen, die sich bewusst Grenzerfahrungen aussetzen sowie Frauen, die auf Grund ihrer prallen Körperlichkeit nicht in die gängigen medial verbreiteten Vorstellungen von Schönheit passen. Hierbei pendelt J.R.M. zwischen der schlichten fotografischen Dokumentation und aufwändiger Inszenierung, bleibt dabei stets wertschätzend und wahrhaftig. Für die Galeristin stellt der Kontakt zu J.R.M. einen Glücksfall dar. „Im Rahmen meines Engagements für noch weitgehend unbekannte Brühler Künstler war es schon lange mein Wunsch, auch der Fotografie Raum zu geben.
Die Begegnung mit den radikalen Arbeiten von J.R.M. hat meine persönliche Seherfahrung verändert“, meint Nicole Ritter. „Sie öffnen den Blick für Lebenswirklichkeiten fernab der sogenannten Norm. Sie machen uns bekannt mit schillernden Persönlichkeiten, mit farbenfrohen Skurrilitäten und einer Realität, die grotesk zu sein scheint, es aber nicht ist.“

Entwicklung
J.R.M. künstlerische Ambitionen und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den vielfältigen, kreativen Möglichkeiten der Digitalfotografie begannen im Jahr 2006. Erwähnenswert dabei ist, dass J.R.M. zu keiner Zeit in Betracht zog, mit seiner polarisierenden Fotokunst Geld zu verdienen. Nach eigener Aussage ist der Anfang der 1970er Jahre im Kölner Raum geborene J.R.M. ein erfolgreicher Angestellter mit einem höchst interessanten Job. Vielleicht ist gerade diese finanzielle Unabhängigkeit durch den bürgerlichen Beruf die Basis für die dynamische Entwicklung seiner expressiven Kunst. Wer die oft verstörenden Bildmotive von J.R.M. kennt, wird durchaus nachvollziehen können, dass sich der Künstler gerade in der Anfangsphase seines Schaffens einen Künstlernamen zulegte. Durchaus nichts Ungewöhnliches, denn als Plattform für die Veröffentlichung seiner Fotos beschränkte er sich bis heute in erster Linie auf das Medium Internet. Es ist auch nicht verwunderlich, dass die Art seiner Kunst in der Subkultur des weltweiten digitalen Netzes, besonders auf den einschlägigen Internetportalen, in kürzester Zeit zu einer große Fangemeinde führte. Die „Nebenwirkungen“ dieser Art von Veröffentlichung sind bei zunehmendem Bekanntheitsgrad absehbar, denn gerade in Deutschland herrscht auch in der Kunst immer noch ein eindimensionales „Schubladendenken“ für Kunst und Künstler, das von dem Mainstream der Medien gnadenlos und meistbietend bedient wird. Künstlernamen oder Pseudonyme legt man sich dann zu, wenn man sich diesem Meinungsmache-Diktat soweit wie möglich entziehen und einfach als Privatperson seine Ruhe haben will. Deshalb legt J.R.M. bis heute Wert darauf, sein Berufs- und Privatleben komplett von seiner künstlerischen Arbeit zu trennen.

Spontaneität oder Inszenierung?
Die ausgestellten Fotos von J.R.M. in der [galerie.bruehl] werden völlig unterschiedliche Schaffensperioden und Themengebiete des Künstlers präsentieren. Ob ein Foto dabei akribisch inszeniert oder spontan aus der Dynamik eines Augenblicks entstanden ist, soll das Geheimnis zwischen Künstler und Model bleiben. Um auch hier phantasievollen Spekulationen entgegen zu wirken: Die Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen Künstler und Model werden immer vorab vertraglich geregelt. Geld spielt dabei keine Rolle, denn beide Seiten arbeiten unentgeltlich. In der Regel gibt es vor dem eigentlichen Fotoshooting ein meist längeres Gespräch, in dem die Intention des Künstlers für ein bestimmtes Motiv gemeinsam besprochen wird. Hier liegt wahrscheinlich das große Talent von J.R.M., der höchst sensibel eine intime Vertrauensbasis zwischen ihm und dem Model aufbauen kann. Alles kann, nichts muss und die einzigartigen, authentischen Ergebnisse der Fotoshootings sprechen für sich. Wer J.R.M. persönlich kennt, weiß, dass sein Schaffen als visionärer Künstler auch von seiner sehr subtilen Art eines feingeistigen Humors geprägt ist. Es darf während „der Arbeit“ auch gelacht werden.

Back to the basics
Für Berufs- wie auch für Hobbyfotografen wird diese Einzelausstellung, losgelöst von allen künstlerischen Aspekten, allein schon aus handwerklichen Gesichtspunkten ebenso höchst interessant sein: Ob aufwändige Studiofotografie, spontanes Outdoor-Shooting oder digitale Bildnachbearbeitung am PC. Auch hier gibt es ein Wandel bei J.R.M. in den Jahren seines Schaffens, das wieder den Weg „Back to the basics“ gefunden hat. J.R.M. fotografiert nicht im digitalen Vollformat (1/1), den digitale Profikameras seit Jahren besitzen, sondern fotografiert zur Zeit am liebsten mit einer semiprofesionellen Spiegelreflexkamera mit dem Formatfaktor 1,6. Seine Bilder fotografiert J.R.M. überraschenderweise nicht im RAW-Modus sondern im stinknormalen JPG-Modus. Aufwändige Studioblitz-Anlagen ersetzte er in letzter Zeit durch einfache Tageslichtlampen und auch seine Lust auf eine penible, zeitaufwändige, digitale Bildretusche am PC schwand in den letzten Jahren. Man kann durchaus die Meinung vertreten, dass gerade diese selbstauferlegte Reduzierung von technischen Möglichkeiten eine der wichtigsten Komponenten im unvergleichlichen, künstlerischen Gesamtwerk von J.R.M. darstellt. Doch davon sollte man sich lieber selbst vor Ort, in der [galerie.bruehl], überzeugen.
Die Einzelausstellung von J.R.M. „The World in my Eyes“ wurde mit Rücksicht auf Kinder und Jugendliche mit FSK 18 ausgewiesen, da in einzelnen Fotografien auch das Thema „Gewalt“ thematisiert wird.
Eröffnung: Sa., 17. Nov., um 18 Uhr
Bis zum 13. Dez., Mi. bis Fr., 14 bis 17 Uhr Sa., 10 bis 13 Uhr und nach Vereinbarung.


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